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Jokl, Anna Maria - Die Perlmutterfarbe




Jokl, Anna Maria - Die Perlmutterfarbe

Beitragvon chip » 06.03.2010, 07:14

Nach dem 2. WK wird dieses Buch zur meistgelesenen Lektüre in Deutschland. Der eigentlichen Handlung ist die abenteuerliche Rettung des Manuskripts aus dem NS besetzten Prag vorangesetzt. Sie schrieb, wie sie selbst sagt, einen Kinderroman für fast alle Menschen. Der Roman behandelt den Mechanismus und die Entstehung des Naziregimes Deutschlands und transferiert diese Epoche in einem Klassenzimmer. Zwei Schulklassen, die sich nach etlichen Missverständnissen bekriegen. Ganz harmlos steckt sich Alexander versehentlich das selbst gemischte Töpfchen Farbe seines besten Freundes in die Tasche. Zu Hause geschieht ihm ein Missgeschick und versucht nun, die Tat zu verschweigen. Schließlich weiß niemand, dass er die Farbe mitgenommen hat. Aus Feigheit ruht er auf seine Lüge aus, die sich zu seinem Schrecken verselbständigt. Der lange Gruber weiß von dem kleinen Geheimnis, nutzt die Gelegenheit dazu, diese Macht des Wissens auszuspielen und hetzt die Klasse A gegen die vermeintlichen Diebe der Klasse B auf. Alexander muss dieses Spiel mitspielen, wenn er die Aufdeckung seiner Tat vermeiden will. Er wird so gezwungen, gegen seinen besten Freund zu intrigieren. Alle möglichen Charaktere porträtiert Jokl auf überzeugende und authentische Weise. Da gibt es den machtbesessenen Anführer, den Aufrührer, den euphorischen Kämpfer, den Feigling, den Mitläufer, … und …

den neutralen Außenseiter:

“Man soll niemanden unterschätzen. Am wenigsten solche wie Meyer. Sie sind verschwunden, wenn es Gefahr gibt, sie sind immer auf der Seite, wo die Übermacht ist, sie haben die längsten Ohren, sie denken nicht über Recht und Unrecht nach.”

Während die B sich gegen die hetzerische Kampagne der A verteidigen muss und beide vor Blindheit jede Äußerung als Angriff auf sich interpretieren, spaltet sich eine kleine Gruppe von beiden Parteien ab, eine Art Resistance, um die Wahrheit ans Licht zu ziehen. Dabei müssen sie geschickt handeln, denn die Fronten verhärten sich mit jedem weiteren Tag, an dem Alexander schweigt.
Jokl hat eine gelungene Geschichte mit sehr einfachen Mitteln geschrieben. Ohne übertriebene Stilistik und verbale Kunststückchen erzählt sie eine packende Erzählung über Schuld und Verrat, Machtgier und Freundschaft, Misstrauen und Zusammenhalt.

“Die ganze A und B wachsen einem ans Herz, selbst die Schurken unter ihnen und die Drückeberger und Wichtigtuer.” (Die Zeit)
“Voller unvergesslicher Gestalten … Es gibt nicht viele Bücher, in denen ein ganzes Zeitalter vor uns aufersteht.” (SZ)

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
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