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Ortese, Anna Maria – Poveri e simplici




Ortese, Anna Maria – Poveri e simplici

Beitragvon tom » 17.10.2007, 21:17

(Firenze, 1967)
Franz. Übersetzung: „Les beaux jours“

Die Ich-Erzählerin, Bettina, erinnert sich an die „schönen Tage“ (Titel der französischen Ausgabe) als sie als junge Frau im Mailand der 50iger Jahre eine Zeit in einer links geprägten Kommune lebt. Diese Periode ist geprägt von ständiger Armut und Suche nach Arbeit als auch dem Teilen gleicher Ideale. Sie versucht sich schriftstellerisch und erhält – großer Moment für sie und ihre Freunde – einen gut dotierten Preis. Einen großen Platz nimmt dann die Beschreibung der Liebesgeschichte zu einem Journalisten ein: zwei Jahre wird es dauern, bis aus einer fleischlosen Liebe aus der Distanz eine Beziehung entsteht die „bis heute andauert“.

Ich las mit viel Freude diese sicherlich teils etwas romantisch naiv angehauchten Zeilen, die wie aus der Feder eines Mädchens stammen. Dabei erschien das Buch erst 1967 und da war Ortese schon gute 50! Ich machte den Fehler und schaute während des Lesens schon mal in eine Biographie der Autorin hinein. Dort heißt es, dass „Poveri e simplici“ das Schlechteste sei, was sie geschrieben hätte. Eiei, sagte ich mir, wie kannst Du ihr nun widersprechen? Mag sein, dass die alternde Ortese der 80iger und 90iger Jahre sich seit ihren Jugendjahre (denn wie könnten diese Zeilen nicht autobiographisch geprägt sein?) um einiges entwickelt hat und eventuell nicht mehr zu diesen einerseits realistischen, andererseits doch auch romantisierenden Zeilen steht? Ja, ich kann es etwas nachvollziehen. Doch ich fand es schön, wie hier eine Gemeinschaft der Ideale und des Teilens beschrieben wird als auch das manchmal sich lang hinziehende Entwickeln einer dann endgültigen Beziehung. Wenn sie dafür den großen italienischen Literaturpreis „Strega“ erhalten hat, lag sie mit ihrem Urteil über sich vielleicht verkehrt???

:stern: :stern: :stern: /:stern:

Leider ist dieses Buch wie viele anderen der Autorin NICHT auf Deutsch übersetzt worden.
Auf Deutsch von Ortese erhältlich:
Iguana. Carl Hanser Verlag 1988 ISBN :, 978-3-8031-2372-5
Stazione Centrale und andere Mailänder Geschichten, Carl Hanser Verlag, 1993 ISBN: 3-446-14947-3
Die Klage des Distelfinken, Carl Hanser Verlag 1995 978-3-446-17762-8.

Anna Maria Ortese (* Rom 13. 6. 1914, † Rapallo 9. 3. 1998) gilt neben Elsa Morante als größte italienische Schriftstellerin des XX. Jahrhunderts und ist Verfasserin neorealistischer, psychologisch vertiefter Erzählungen und unzähliger Artikel in diversen Zeitungen. In den 50iger und 60iger Jahren reiste und schrieb sie viel als kommunistische Journalistin und gehörte in dieser Phase eher dem Neorealismus an. Später wurde die Brücke ins Phantastische immer öfter geschlagen.

Weiterführende Artikel:
http://www.nzz.ch/2006/12/16/li/articleEBRRG.html
http://www.lib.uchicago.edu/efts/IWW/BIOS/A0225.html

Broché: 156 pages
Editeur : Terrain vague (1991)
Collection : Littératures
Langue : Français
ISBN-10: 2852081296
ISBN-13: 978-2852081291
tom
 

von Anzeige » 17.10.2007, 21:17

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