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Sterne, Laurence - Tristram Shandy




Sterne, Laurence - Tristram Shandy

Beitragvon Katia » 29.01.2008, 21:23

[center]Laurence Sterne : Leben und Ansichten des Herrn Tristram Shandy
OT: The Life and Opinions of Tristram Shandy, Gentleman

[/center]

"Tristram Shandy" erschien in den Jahren 1759-67 - ein englischer Roman in der Tradition Rabelais und Cervantes, wegweisend dem Roman des 20. Jahrhunderts; den Joyces'schen und Woolf'schen Bewußtseinsströmen.
Der Inhalt beschreibt sich mit "Abschweifungen von Abschweifungen" vielleicht am besten.
Handelnde Personen sind hauptsächlich Onkel Toby und Trim, sein Diener, die im Garten ihrem Steckenpferd nachgehen: Belagerungen nachspielen, mit nachgebauten Kanonen, Zugbrücken und allem was dazugehört. Dazu gesellt sich Tristrams Vater, ein belesener, diskussionsfreudiger, etwas weltfremder Herr, der Pfarrer Yorick, der Arzt Dr. Slop. Hauptperson ist Tristram, aber nicht im üblichen Sinne - er kommentiert, schweift ab, erzählt Geschichten in seinem Roman, lässt den Leser in seinen schriftstellernden Kopf schauen, ist aber selten selbst handelnde Person.
Die Skurrilitäten und Anzüglichkeiten der Handlung (Tobys Wunde am Schambein sei hier exemplarisch genannt) gehen Hand in Hand mit Skurrilitäten der Erzählweise: da werden Kapitel ausgelassen, andere später eingefügt, Seiten geschwärzt, der Erzählfluss mit all seinen Abschweifungen als Linie dargestellt. Da werden Geschichten versprochen, die später oder nie erzählt werden - dass der Roman unvollendet blieb, passt da gerade ins Bild.

An diesen Klassiker bin ich mit Vorsicht gegangen: die Beschreibungen, die ich gelesen hatte, klangen nach anstrengender Kost, wenn auch humorvoller. In etwa das habe ich auch gefunden - einen ungemein witzigen "Roman", der vom Hundertsten ins Tausendste springt - und wieder zurück. Vergnügen hat er mir sehr viel bereitet, gar manchen lauten Lacher entlockt, was nicht vielen Bücher gelingt. Manchen von Sternes Gedankensprüngen dagegen konnte und wollte ich nicht folgen - evtl. wäre hier eine Ausgabe mit Anmerkungen auch hilfreich gewesen.
Vielleicht sollte man das Werk tatsächlich lesen wie die Leser der Erstausgabe: Jedes Jahr eines der insgesamt 9 Bücher, dieses gründlich und genießerisch.
Sterne ist eine unkonventionelle und überraschende Lektüre, die die Mühen lohnt.

Gelesen habe ich die Übersetzung von Adolf Seubert von 1880.

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Beitragvon wolves » 30.01.2008, 08:57

Auf deine Meinung war ich schon sehr gespannt. Ich habe irgendwo (beim Klassikerforum? :grübel ) schon mal über dieses Buch gelesen und irgendwie hatte es mich angesprochen und steht seitdem auf meiner Wunschliste. Hört sich ja ganz gut an, was du über dieses Buch schreibst.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Hermia » 06.04.2008, 22:58

Ich habe den Tristram Shandy vor fünf Jahren gelesen und Katia nur beipflichten. Ein herrliches Buch, für das man aber auf jeden Fall viel Zeit braucht.
Irgendwann möchte ich es nochmal lesen. :wink:
Hermia
 



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