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Werfel, Franz - Eine blaßblaue Frauenschrift




Werfel, Franz - Eine blaßblaue Frauenschrift

Beitragvon Krümel » 25.05.2008, 14:11

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Die Genauigkeit an Beschreibungen von Gedanken.

Eines Morgens erhält der Protagonist Leonidas einen Bittbrief. Der Umschlag ist handgeschrieben mit blauer Tinte, die Schrift erkennt er sofort: Seine ehemalige Geliebte Vera. In diesem Brief bittet sie für einen Jungen um Asyl in Österreich, der dort sein Abitur beenden möchte. In Deutschland ist dies für jüdische Kinder nicht mehr möglich.
Aus dieser Situation heraus entwickelt sich bei Leonidas ein Gefühlschaos! Denn erstens ist ein hoher Beamter im Kultusministerium, seine Stellung könnte er damit gefährden. Zweitens weiß seine Frau von dieser Liaison nichts, seine Ehe steht damit auch auf dem Spiel. Denn er rechnet sich aus, dass dieser junge Mann sein Sohn sein müsste.

Diese Erzählung beschreibt nur einen Tag, aber sie ist voll von Gedanken und Ausmalungen, was würde sein, wie kann ich es anstellen, was würde sich daraus entwickeln. Alles Überlegungen, die sich dann wieder anders darstellen wie erdacht, und dies in feinsten und präzisen Schilderungen.
Aber mir fehlten Emotionen! In all diesen Ausführungen werden die Figuren nicht lebendig. Mag wirklich sein, dass die Ehe zwischen Franz und Alma hier zu sehr in der Erzählung einfließt. Dennoch soll doch dieser Seitensprung etwas ganz Bedeutendes für den Protagonist gewesen sein.

Insgesamt ein interessantes Büchlein in einer sehr angenehmen Sprache.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: / :stern:
Schwierigkeitsgrad: leicht
BildLiebe Grüße,
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von Anzeige » 25.05.2008, 14:11

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Beitragvon wolves » 26.05.2008, 08:13

Eine Frage wegen deiner Einteilung des Buches bei Belletristik, gehört es nicht eigentlich zu Klassiker und Weltliteratur?
Zum einen ist Werfel1945 gestorben und zum anderen ist er ein typischer Vertreter des literarischen Expressionismus. Damit gehört er nach meinem Verständnis zur Einteilung "Klassiker und Weltliteratur".
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Krümel » 26.05.2008, 10:04

Ich war auch am überlegen wolves. Aber gehört jedes Buch eines Klassikers direkt zu Klassikern? Also bei Tolstoi zählt "Anna Karenina" und "Krieg und Frieden" sicher dazu, aber der "Leinwandmesser"??? Gehört bei Th. Mann "Herr und Hund" dazu?
Es kann doch nicht sein, dass das gesamte Werk dann dazu gehört, obwohl unbekannt, kaum gelesen und evtl. grottenschlecht :?:

Auch hier können wir gerne abstimmen, bitte sagt was.
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon wolves » 27.05.2008, 07:51

Oh, das ist jetzt eine interessante Frage die du da ansprichst :D Sollen wir darüber mal in einem anderen Thread diskutieren? Ich glaube ich mache mal gleich einen auf.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Nerolaan » 17.08.2008, 11:10

Hätte, Könnte, Wäre, Wenn

Sektionschef Leonidas Welt gerät mit einem Brief ins Wanken: er entdeckt den verräterischen Brief mit der blaßblauen Frauenschrift und lässt diesen schnellstmöglich vor seiner Frau Amelie verschwinden.
Leon, wie er von seiner Frau zärtlich genannt wird, schließt sich in einem Zimmer ein und liest verstohlen den Brief seiner ehemaligen Geliebten Vera. In diesem Brief bittet sie ihn dafür zu sorgen, dass ein junger Mann sein Abitur in Wien fertig machen kann.
In Leon beginnt es sofort zu arbeiten und er ist fest davon überzeugt, dass dieser junge Mann sein Sohn ist.

Diese Novelle führt vor in einer selten gelesenen Präzision vor, welche Gedanken einem Menschen durch den Kopf gehen können, wenn er nur eine Ahnung hat, aber nach der Gewissheit noch suchen muss.
Der Leser begleitet den Sektionschef einen Tag lang und verfolgt hautnah wie Zweifel anfangen an Leon zu nagen und ihn die Ungewissheit ob er einen Sohn hat oder nicht regelrecht krank machen.

Franz Werfel verpackt in diesem kurzen Werk unglaublich viel sehr wirkungsvoll.
Und dennoch bleibt am Ende das Bedürfniss mehr zu erfahren.

Eine blaßblaue Frauenschrift ist eine kurzzeitige Novelle für zwischendurch.

:stern: :stern: :stern:
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