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Hardy, Thomas: Herzen in Aufruhr




Hardy, Thomas: Herzen in Aufruhr

Beitragvon mombour » 03.06.2013, 17:14

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Thomas Hardy: Herzen in Aufruhr

Dies ist der letzte Roman von Thomas Hardy. Danach hörte er auf Romane zu schreiben und widmete sich Gedichten. Hardy musste viel Kritik einstecken. Viele Menschen aus seiner Zeit ging Thomas Hardy zu weit. Er rüttelte an den Moralvorstellungen der Viktorianischen Epoche und hielt keinen Blatt vor dem Mund. Er sprach das aus, was viele nicht zu sagen wagten aber dachten. Er hielt nichts von der Scheinmoral seiner Zeitgenossen und stellt ganz lapidar die Institution der Ehe in Frage, genauer gesagt, er hielt nichts vom Sakrament der Ehe.

Der Schulmeister Phillotson eröffnet seinem Freund Gillingham dass er seine Frau Sue wieder freigegeben hat, weil er erkennt, sie gehöre zu Juda Fawley. „Es ist ,als wären sie ein und derselbe Mensch, in zwei gespalten.“ Phillotson sieht nicht ein,

Thomas Hardy hat geschrieben:daß man, bloß weil man eine Frau in die Kirche geführt und ihr einen Ring an den Finger gesteckt hat, in so eine fortdauernde, tägliche Tragödie verwickelt werden könnte, wie es ihr und mir geschehen ist.


Für seine Zeit war Thomas Hardy sehr radikal. Gillingham vertritt die Moral seiner Zeit und kann Phillotsons Ansichten nicht teilen:
Thomas Hardy hat geschrieben:Aber wenn sie die Menschen so verhielten, wie du dich verhalten willst, so würde eine allgemeine Auflösung des bürgerlichen Lebens die Folge sein.


Es geht um den Eros. Er lässt sich nicht binden, nicht fesseln. Der Mensch ist in Freiheit geboren. Wenn er sich zwingt, sich der bürgerlichen Moral zu unterwerfen, so verursacht das Leid, wie uns in diesem Roman vor Augen geführt wird. Der Eros lässt sich auch nicht fesseln, nur weil jemand ein Ansinnen hat, keusch leben zu wollen, wie Juda Fawley, der seinem Lehrer nacheifert und neben einer Steinmetzerlehre alte Sprachen büffelt, damit er in Christminster Theologie studieren kann.
Thomas Hardy hat geschrieben:...vielleicht könnte er sogar Bischof werden, wenn er sich eines reinen, tatkräftigen, christlichen Lebenswandels befleißigte.


Juda Fawley träumt von seiner Zukunft. Unmittelbar darauf lernt er Arabella kennen, die er überstürzt heiratet, diese Frau ihn von seinen edlen Träumen abbringt. Allerdings lässt sie ihn sitzen und reist alleine nach Australien. Juda, wieder allein, ist aber verheiratet und begegnet in Christminster seine Cousine Sue Bridehead, in die er sich verliebt. Juda ist ins Trudeln gekommen. War gerade noch sein Keuschheitswunsch gewesen, verliebt er sich in Arabella und begeht aus kirchlicher Sicht dann auch noch die Sünde, dass er mit Sue eine intime Beziehung eingehen will, obwohl er noch mit Arabella verheiratet ist. Mit dieser Konstellation führt Hardy die Moralvorstellung seiner Zeitgenossen iad absurdum und setzt krönend Sues leichtfertiges Heiratsversprechen mit Phillotson oben drauf, die Ehe der beiden dann, wie sollte es sonst sein, unglücklich verläuft.

Außerdem ist Juda Fawleys Leben durch deterministische Vorstellungen geprägt.
Thomas Hardy hat geschrieben:Die Fawleys waren nicht für die Ehe geschaffen
, sagt Judas Tante und spielt damit auf seine Eltern an.
Thomas Hardy hat geschrieben:Es ist was in unserem Blut, das wehrt sich gegen die Idee, gezwungenermaßen zu tun, was wir freiwillig mit Freuden tun.


Der Roman ist ein frühes Zeugnis emanzipatorischer Vorstellungen. Ist es heute allgemein akzeptiert, dass Paare unverheiratet zusammenleben, galt es damals als schräg und verwerflich. Die heutige Diskussion geht noch weiter, ob Frauen berufliche Karriere machen oder sich dafür entscheiden, ihr Dasein der Kindererziehung zu widmen. Heute kann und sollte sich jeder selbst entscheiden, wie er sein Leben gestaltet, im neunzehnten Jahrhundert wurde alles ins moralische Korsett gezwungen, wogegen Thomas Hardy sich in diesem Roman auflehnt.
:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Liebe Grüße
mombour
Thomas Hardy: Herzen in Aufruhr
Fernando Pessoa: Buch der Unruhe
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