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Jacques de Lacretelle - Silbermann




Jacques de Lacretelle - Silbermann

Beitragvon Alsterhai » 12.10.2012, 08:28

Titel: Silbermann
Autor: Jacques de Lacretelle
Übersetzt aus dem Französischen von: Irene Kuhn und Ralf Stamm
Verlag: Lilienfeld Verlag
Erschienen: August 2011
ISBN-10: 3940357219
ISBN-13: 978-3940357212
Preis: 19.90 EUR


Das Buch erschien im Original 1922 und gilt als einer der „Klassiker des Schülerromans“. Der Ich-Erzähler (Jacques) ist Schüler am Lycee, einer sehr exklusiven Schule. Seine Familie ist gutsituiert und streng konservativ. Der Vater ist Untersuchungsrichter und noch nicht am Ende der Karriereleiter angekommen. Die Mutter ist stets darauf bedacht gesellschaftsfähig zu sein und zu bleiben und ordnet diesem Trachten nach Anerkennung alles unter.

Dann wird Silbermann Mitschüler des Erzählers. Silbermann ist Jude und wird dadurch sehr schnell zum Außenseiter und Opfer, zudem lässt er seine Mitschüler deutlich spüren, dass er ihnen intelligenzmäßig überlegen ist. Nur Jacques hält zu seinem jüdischen Mitschüler. Die Jungen freunden sich an und werden dadurch nun beide quasi zu Verfemten. Die antisemitische Hetze nimmt zu und bald auch wird Silbermanns Vater Opfer einer Intrige. Silbermann muss die Schule verlassen. Und Jacques erkennt, dass viele seiner Ideale nicht das waren, was er ursprünglich in ihnen gesehen hatte. Bevor Silbermann dann nach Amerika aufbricht, verabschiedet er sich von Jacques. Seine Abschiedsrede ist Anklage, Selbstmitleid und Aufkündigung der Freundschaft in einem.

In diesem Buch geht es nicht nur um den gelebten Antisemitismus, es geht auch um Kinder, die erfahren müssen, dass ihre Eltern anders handeln als sie reden; dass das was sie vormals als Charakterfestigkeit der Eltern angesehen haben, nichts weiter ist als ein aufgeblasener Popanz.

Jacques de Lacretelle hat ein beeindruckendes Buch geschrieben. Ein Buch das durch seine Intensität aber auch durch seine erzählerische Kühle besticht. Ein Buch das darüber hinaus durch sein Ende oder wenn man so will durch sein Ergebnis überrascht. Das Denken und Fühlen ändert sich, wo man denkt, nun hätte man seinen quasi ehernen Standpunkt gefunden, findet oftmals dann doch sehr schnell ein Revirement der Gedanken, des Handelns und des Fühlens statt. Und die edelsten Motive sind sehr schnell wieder Makulatur, wenn man zurückfindet in die Lebensbahnen früherer Zeiten. Jacques de Lacretelle zeichnet unnachgiebig die Konturen menschlicher Schwächen auf, macht deutlich das Prinzipien oftmals nur Fassade sind.

Fazit: Ein sehr lesenswertes Buch, dass man mit dem Wissen um den Antisemitismus, um den Holocaust ganz sicher anders liest, als wie man es bei seinem Erscheinen im Jahre 1922 gelesen hätte. Ein Buch, welches das Judentum, den jüdischen Glauben nicht glorifiziert, dass es aber trotzdem schafft, hier Erklärungen für so manches jüdisches Denken und Handeln zu liefern.
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von Anzeige » 12.10.2012, 08:28

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Re: Jacques de Lacretelle - Silbermann

Beitragvon Krümel » 12.10.2012, 10:18

Hier den Link zum Buch:

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