Ein Rausch für die Sinne!
Wer ist dieser Mann, dieser Alexis Sorbas, der Grieche?
Der Ich-Erzähler, dessen Name nicht bekannt wird, begegnet Sorbas im Hafen von Piräus auf den Weg nach Kreta. Er hat auf der Insel ein Kohle-Bergwerk gekauft.
„Nimm mich mit.“, sprach der Grieche. „Ich bin der beste Bergbauer und zudem ein guter Suppenkoch.“ Diese direkte Art kann der Erzähler nicht widerstehen und nimmt Sorbas mit nach Kreta.
Der Chef, wie unser Held unseren Erzähler liebevoll nennt, erkennt schnell welche Eigenschaft Sorbas prägt: „Das ist die Freiheit, dachte ich. Eine Leidenschaft haben, Goldstücke sam
meln und dann auf einmal die Leidenschaft überwinden und den Schatz in alle vier Winde verstreuen! Sich von einer Leidenschaft befreien, in dem man einer anderen, höheren gehorcht …“ (Seite 29)
Er ist ein Lebemann, ein Mann des Fleisches, der kein Weib auslässt, obwohl er schon über 60 zig ist, der trinkt und tanzt als ob heute der letzte Tag wäre und morgen selbstverständlich wieder feiert als wäre es der letzte Tag. Und doch tut er der Seele so gut, im Hintergrund von Kreta, dem Meer und den Sonnenuntergängen. Der Leser tanzt gleich mit, hat gute Laune, man sieht Antony Quinn förmlich vor dem inneren Auge.
Aber dieser Sorbas hat noch mehr zu bieten:
„Bei der Arbeit bin ich völlig, vom Scheitel bis zur Sohle, mit dem Stein oder der Kohle oder dem Santuri verwachsen. Und wenn du mich plötzlich berührst oder mich ansprichst und ich mich umdrehen muss, kann ich platzen. Nun weißt du´s!“ (Seite 112)
Denn was er macht, das macht er richtig, nicht halbherzig! So auch die Liebesbeziehung zu der alten Fregatte. Ein verhutzeltes Weibsbild mit einer behaarten Warze am Kinn. Vier Weltmächte waren mit ihr zusammen und alle haben sie im Stich gelassen, nur Sorbas nicht. Er hat sie aufgefangen, ihr die Würde wieder gegeben und ihr neuen Lebensmut gemacht. Generell zählt für den Griechen ein gesprochenes Wort, und Freundschaft ist Freundschaft!
Die Beziehung zwischen dem Erzähler und Sorbas erreicht unglaubliche Höhepunkte, die im realen Leben äußerst selten sind. Und obwohl diese zwei so verschieden sind; Sorbas, die sprühende Lust und der Chef, die stoische Ausgeglichenheit; ticken sie ähnlich.
„Ungeduldig wartete er auf den Tag, an dem er so viele Flügel – so nannte er das Geld – verdiente, um fliegen zu können.“ (Seite 118) Denn der Umgang mit Geld ist beiden fremd, zum Glück, denn daran zerbrechen Freundschaften! Diese Beide aber ergänzen und bereichern sich.
Dieses Buch hat mich seit langer, sehr langer, Zeit wieder richtig emotional gepackt und ergriffen. Es flossen sogar Tränen zum Schluss. Deshalb von mir die Höchstnote, und eine dicke Empfehlung! Es liefert darüber hinaus aber noch zahlreiche Gedankenanstöße mit denen man so herrlich jonglieren und spielen kann:
„Jeder Mensch hat seine Marotte, aber die größte ist meiner Meinung, keine zu haben.“ (Sorbas Seite 155)
Nikos Kazantzakis wurde am 18. Februar 1883 im heutigen Heraklion auf Kreta geboren und starb am 26. Oktober 1957 in Freiburg im Breisgau. Er studierte Rechtswissenschaften in Athen und Staatswissenschaften bei Henri Bergson in Paris. Der Roman „Alexis Sorbas“ beruht auf autobiographischen Erlebnissen des Autors. 1917 versuchte der junge Kazantzakis sein Glück als Pächter eines Kohlebergwerks und lernte dabei einen Arbeiter Georgios Sorbas kennen. Obwohl das Projekt scheiterte, betrachtete er seine Freundschaft mit Sorbas als großen Gewinn und setzte ihm mit seinem Roman ein literarisches Denkmal. Kazantzakis gilt als einer der bedeutendsten griechischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.
Bewertung:
edit Pippi: Ich habe mir erlaubt, die Rezi an den bestehenden Thread anzuhängen.