[center]Vladimir Nabokov: Verzweiflung[/center]
[center]OT: Despair (engl. 1966) bzw. Ottschajanije (russ. 1932)[/center]
Inhalt: Hermann Karlowitsch, russischstämmiger Deutscher ist Schokoladenfabrikant in Berlin, verheiratet mit Lydia, die er selbst für naiv und ein bißchen dümmlich hält. Aus einer Reise nach Prag trifft er Felix, einen jungen Landstreicher, von dessen Ähnlichkeit mit sich selbst er sehr verblüfft ist. Daraus muß sich doch irgendwie Gewinn schlagen lassen, zumal seine Fabrik nicht besonders gut läuft... er plant ein Verbrechen, das er selbst für ein Kunstwerk hält.
Der Roman gibt sich als Werk Hermanns, eines von sich selbst überzeugten Mannes, der die Menschen seiner Umgebung (seine Frau, deren Cousin, einen mittellosen Maler) verachtet. Die Handlung wird nicht völlig chronologisch erzählt, eingestreut sind immer wieder Vorausblicke, aber auch Reflexionen über das Schreiben dieses Romans, wie alternative Kapitelanfänge, auch Pläne, wie er sein Meisterwerk veröffentlichen kann.
Meine Meinung: Ich mag Nabokov, auch wenn seine frühen (noch auf russisch geschriebenen) Werke nicht alle ganz an seine späteren (Pnin, Lolita) herankommen - ich mochte auch diesen Roman, bei dem ich die ganze Zeit beim Lesen das Gefühl hatte, dass sich Nabokov beim Schreiben sehr amüsiert haben muß. Hermann, in seiner grenzenlosen Selbstüberzeugtheit, verrät sich zwischen (seinen eigenen!) Zeilen immer wieder selbst in zentralen Dingen seines Lebens und auch der Handlung
z.B. dass seine Frau ihn mit Ardalion betrügt, er dies aber nicht merkt oder ignoriert. Ich vermute Letzters, denn es würde seine Eigenliebe zu sehr verletzen.
Der Romantitel, der so gar nicht zur Haltung des Helden zu passen scheint, bewahrheitet sich schließlich doch.
ch hatte Spaß an diesem Roman, bei dem sich wie immer bei Nabokov viele kleine Motive immer wieder vorkommen, kleine Anspielungen am Rande wie z.B. das Portait das Adelion malt und über dessen Ähnlichkeit mit Hermann die Protagonisten unterschiedlicher Meinung sind.
Es sind viele direkte und indirekte Anspielungen auf Dosto(jewskij) enthalten, einen Autor den Nabokov nicht besonders schätzt und in gewisser Weise ist "Verzweiflung" ein Antipode zu "Schuld und Sühne".
Darüberhinaus ist die krimihafte Handlung spannend, und zumindest mir war lange nicht klar, was Hermann eigentlich plant, deswegen hier auch kein Wort davon :)
Sicher nicht Nabokovs bester Roman, aber ein typischer und sehr lesenswert.
Katia