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Pavese, Cesare - Die einsamen Frauen




Pavese, Cesare - Die einsamen Frauen

Beitragvon Krümel » 27.10.2009, 11:19

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Ein Roman, oder besser ein Autor, der mich innerlich sehr bewegt hat!

Emotional bin fast an die Decke gesprungen, obwohl das Buch so gut begann, mir die Sprache lag und die Handlung so interessant hervortrat.
Clelia, die Protagonistin, reist nach dem 2.Weltkrieg von Rom nach Turin um dort ein neues Modeatelier zu eröffnen. Ursprünglich stammt sie aus Turin, hat dort ihre Kindheit und Jugend verbracht, ist dann für eine Ausbildung zur Schneiderin nach Rom gegangen und hat sich beruflich hochgearbeitet. Ihre Wurzeln entspringen also einer anderen Schicht, sie greift allerdings mit beiden Händen bei dieser feineren Gesellschaft zu, die ihr aber innerlich überhaupt nicht zusagt, ihr zuwider ist. Ihre Kritikpunkte sind vorwiegend der Müßiggang, das Nichts-Tun und das Lose-Leben. Auch in Turin verkehrt sie schnell in diesen Kreisen. Sie lernt zwei Frauen kennen, die diese Wochen/Monate mit ihr teilen, und sie gemeinsam die Wochenenden in den Bergen verbringen. Rosetta, die einen Selbstmordversuch hinter sich hat und Momina, die von ihrem adeligen Mann getrennt lebt und kein gutes Haar an Männern lässt.
Alle drei Frauengestalten sind sehr exzentrisch und stellen (in Bezug zur Allgemeinheit) krasse Randfiguren dar; auch die männlichen Figuren sind zum größten Teil Kanallien, lediglich eine Figur schneidet positiv und lebenstauglich ab, der Dekorateur.

Was mich jetzt so aufgeregt hat, ist, dass Pavese, der hinter der Figur der Clelia steht, auch biographisch, aus deren Sicht in der Ich-Form erzählt. Er verunglimpflicht diese Figur, generell die weiblichen Personen. Wenn man als männlicher Autor in die Haut einer Frau schlüpft, sollte man die weiblichen Züge schon treffen, stellt man diese aber nur negativ dar, dann spricht da eine gute Portion von Fremdheit (wenn ich es irgendwie positiv beschreiben möchte) oder Hass (wenn ich das ausspreche was ich empfunden habe) heraus.

Das Leitmotiv im Roman sowie wohl auch im Leben von Pavese ist die Einsamkeit. Clelia fühlt sich nicht zugehörig, weder in ihrer ursprünglichen Schicht, noch in diesem dekadenten Kreis. Sie verhält sich aber wie eine Gefangene in dieser oberflächlichen Gesellschaft, der sie nicht den Rücken wenden kann. Rosetta begegnet diesem Problem mit einem Selbstmordversuch und Momina setzt sich erhaben über alles hinweg und verstockt in ihrem Eis. Die Sinnlosigkeit raubt ihnen die Lebenfreude.
Eigentlich ein guter Roman, wenn mir dieser Frauenhass nicht fortwährend vor die Füße gesprungen wäre!

Cesare Pavese wurde am 9. September 1908 in Italien geboren, und studierte in Turin Literaturwissenschaft. Anfangs schrieb er Gedichte und war als Übersetzer aus dem Englischem tätig (Faulkner, Joyce und Melville). Nach dem Krieg wurden seine eigenen Romane verlegt und bekannt. Am 27. August 1950 setze Pavese seinem Leben ein Ende.

Bewertung: :stern: :stern: :stern:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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von Anzeige » 27.10.2009, 11:19

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