Krümels-Bücherwelt ...

... ein Literaturforum der anderen Art

Kelling. Gerhard - Beckersons Buch




Kelling. Gerhard - Beckersons Buch

Beitragvon chip » 14.01.2008, 01:57

Ein Zeitungsinserat verändert das Leben des jungen Levinson, der sich von seiner Frau getrennt hat und sich aus einer Laune heraus auf die verheißungsvollen Worte „die Chance Ihres Lebens“ bewirbt. Schon kurz darauf bezieht er Antwort, von einem Eignungstest ist die Rede, jedoch ohne zu erfahren, wer sein Auftraggeber ist noch wann dieser Test stattfinden wird. Levinson fühlt sich zunehmend beobachtet, möchte die Sache abblasen, die Adresse in der Mitteilung führt jedoch in eine Sackgasse. Unterdessen werden weitere Indizien sichtbar, dass eine fremde Macht sich in sein Leben einmischt. Als ein Buch auf seinem Schreibtisch liegt, sieht er seine Privatsphäre verletzt. Oder hat er das Buch selber dorthin gelegt? Sie, die Auftraggeber, die er fortan ‚Beckerson’ tauft, scheinen überall zu sein. Levinson fühlt sich verfolgt, beobachtet. Er dreht sich um, schlägt beim Spaziergang Haken, kehrt über Umwege heim, isoliert sich. Es dauert, bis er mit dem Umstand zu Recht kommt. Eine zeitlang fühlt er sich gar beschützt, geborgen, doch als er die Art seines Auftrags begreift, bekommt er Angst, flüchtet, driftet ab, wird wahnsinnig …

Kelling hat hier einen großartig spannenden und eindringlichen Roman geschrieben. Die paranoide Seele wurde so fein ausgearbeitet, dass man stellenweise das Gefühl nicht los wird, man halte einen Dostojewski in Händen. Kelling schafft es, den Leser zu verwirren, zu bannen, verwischt die Grenze zwischen Wahn und Realität und lässt die Frage selbst am Ende offen, inwieweit die Einbildung ihn, Levinson, beherrscht.

Für die Gegenwartsliteratur gibt es doch noch Hoffnung, wenn es Autoren wie diese gibt. Unbedingt empfehlenswert!
:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Gruß,
chip

Bild
chip
 

von Anzeige » 14.01.2008, 01:57

Anzeige
 

Re: Kelling. Gerhard - Beckersons Buch

Beitragvon tom » 14.01.2008, 10:39

Ja, das hoert sich sehr gut an!!! Und Deine Gedanken als auch Dein Zusatz:

chip hat geschrieben:...
Kelling hat hier einen großartig spannenden und eindringlichen Roman geschrieben. Die paranoide Seele wurde so fein ausgearbeitet, dass man stellenweise das Gefühl nicht los wird, man halte einen Dostojewski in Händen. Kelling schafft es, den Leser zu verwirren, zu bannen, verwischt die Grenze zwischen Wahn und Realität und lässt die Frage selbst am Ende offen, inwieweit die Einbildung ihn, Levinson, beherrscht.
....

lassen mich nicht nur an Dost. denken, sondern auch ein wenig an Kafka, oder???

Danke fuer die Rezi!
tom
 

Beitragvon chip » 14.01.2008, 19:24

Hallo tom,
wenn Du den Realitätsverlust meinst, klar, auch vergleichbar mit Kafka. Vielleicht nicht ganz so abstrakt :wink:
Ebenso könnte man ihn mit Hoffmann "Sandmann" oder, wenn es ein wenig trivialer sein darf, mit Dicks "Ubik" vergleichen. Viel faszinierender finde ich hingegen die aufkeimende Paranoia, pedantisch beschrieben. Psychenporträtierung vom Feinsten!

Gruß,
chip
chip
 



Ähnliche Beiträge


Zurück zu Belletristik/Unterhaltungsliteratur/Erzählung

Wer ist online?

0 Mitglieder

cron