(Leider ist das Buch fast hoffnungslos vergriffen
)
Ein Buch, welches tief zu Herzen geht und berührt.In einer russischen Vorstadt im ausklingenden 19. Jahrhunderts wächst eine neue Generation heran. Junge Menschen, die sich ausgebeutet fühlen und ihre Unterdrückung nicht mehr ertragen können, suchen nach der Wahrheit und führen eine Revolte an. In den Fabriken rauchen die Schlote, und dickes Geld fließt in die Hände den reichen Unternehmer, doch der Arbeiter soll den Pfennig von der Mark hergeben.
Pawel ist der Kopf der neuen Generation. Er schreibt Flugblätter und verbreitet diese, begehrt gegen den Pfennig und ruft zum Streik auf. Durch sein Charisma bindet er die Menschen an sich, ob jung oder alt, man hört ihm zu, man vertraut ihm.
Seine Mutter, eine geplagte Witwe, betrachtet seine Vorgehensweise, hört zu und verändert ihr ganzes Leben. Ihre Entwicklung von der Analphabetin hin zur Revolutionärin ist das Augenmerk des Romans.
Sie erfasst nach und nach die Aussagen ihres Sohnes, fühlt innerlich die guttunende Wahrheit, lernt lesen und verbreitet letztendlich selber das sozialistische Gedankengut.
„ … erinnert sich an die gewaltige Wendung in der Literatur. Der Name dieser Wendung war Gorki. Die russischen Provinzstädte lebten von einer Erzählung Gorkis zu anderen. Plötzlich begannen ihn Menschen zu lesen und über ihn zu sprechen, die niemals etwas gelesen hatten, und in den Vorstädten lernte man das ABC, um ihn lesen zu können, die Literatur veränderte sich, weil sich ihre Bedeutung geändert hatte … „ (Auszug von Juri Tynjanow 1938)
Es war die Geburtsstunde des sozialistischen Realismus, den Maxim Gorki 1906 in Amerika schrieb, und von dort für die Revolution warb.
Es fällt noch eine weitere Raffinesse im Roman auf: Denn Gorki setzt „Die Mutter“, dem Archetyp-Mutter als die Verkörperung des Sozialismus gleich. Jede Mutter möchte, dass ihre Kinder gleichberechtigt heranwachsen können. Gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Freiheit sind die höchsten Güter, die eine Mutter ihren Kinder zukommen lassen möchte. Die Mutter als sozialistisches Gefüge.
Im Roman führt das sogar noch eine Stufe höher. „Die Mutter“ behandelt den Freund ihres Sohnes wie ihren leiblichen Sohn; sie spricht ihn gar als Sohn an, sie adoptiert ihn. Zum Schluss sind alle Genossen ihre Kinder …
„Es machte ihr Vergnügen, mit den Leuten zu sprechen, ihre Erzählungen vom Leben, ihre Klagen, ihre Zweifel anzuhören. Ihr Herz strömte jedesmal vor Freude über, wenn sie bei jemand eine starke Unzufriedenheit bemerkte, jene Unzufriedenheit, die sich gegen die Schicksalsschläge auflehnt und eifrig Antwort auf Fragen sucht, …“„Die Mutter“ ist ein ganz wunderbarer Roman, der in einer leichten und fließenden Sprache geschrieben ist. Das Werk ist ein politisches Wachrütteln, und eigentlich wieder sehr aktuell. Klare Empfehlung!
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