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Heller, André - Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein

04.02.2009, 22:18

Paul Silberstein ist der Sprössling eines Wiener Süßwarenfabrikanten. Sein zum Katholizismus konvertierte jüdische Vater ist ein Misanthrop der besonderen Art, tyrannisiert die Umwelt und macht seiner Familie das Leben zur Hölle. Das ungeliebte Kind wird in ein erzkatholisches Jesuiten-Internat geschickt und leidet unter den dort herrschenden Erziehungspraktiken und Zwängen. Paul flüchtet in seine Phantasiewelt, schottet sich völlig ab. In seinen Tagträumen steigt er mit der Jakobsleiter in den Himmel oder stellt sich vor, als erster Mensch in einem Asbest-Anzug in das Innere des Vesuvs zu kriechen.

Der plötzliche Tod seines Vaters gibt Pauls Leben – und dem seiner Familie – eine überraschende Wendung.
Anlässlich der Begräbnisfeierlichkeiten treffen die Silberstein-Brüder ein, Onkel Bel, Onkel Monte und Onkel York – benannt nach jenen Städten, in denen sie sich aufhalten. Die Beerdigung wird zur Farce, Anekdoten werden zum Besten gegeben, mal traurig, mal lustig, aber immer sehr bezeichnend. Den Ratschlag seines Onkels „Hör zu: Geboren wird man als Entwurf zu einem Menschen, und dann muss man zeit seines Lebens aus sich einen wirklichen Menschen machen." macht sich Paul zu eigen und beginnt, sein Leben endlich in die eigene Hand zu nehmen.

André Heller hat mit Paul Silberstein sein Alter Ego geschaffen und gibt mit diesem Büchlein Einblick in seine schwierige Kindheit. Er klagt nicht an, er jammert nicht. Überraschend heiter, mit viel Wortwitz und Charme präsentiert er die Anekdoten und überlässt es dem Leser zu urteilen, was sich tatsächlich begeben hat, und was der schriftstellerischen Freiheit zuzuschreiben ist. „Diese Erzählung greift einige Themen und Begebenheiten auf, die meine Kindheit für mich bereithielt. Die Oberhand beim Schreiben hatte allerdings die Phantasie.“


Franz André Heller (* 22. März 1947 in Wien) ist ein österreichischer Chansonnier, Aktionskünstler, Kulturmanager, Autor und Schauspieler.

:stern: :stern: :stern: :stern:

Bild

04.02.2009, 22:18

04.02.2009, 22:31

Kann das ins Blog?

05.02.2009, 05:55

jawohlja :wink:

05.02.2009, 07:53

Vielen Dank für deine Rezi, Pippi. Vor einiger Zeit hatte ich mich ja schon mal geoutet, dass ich André Heller recht gut finde. Allerdings kann ich das nur für den Künstler sagen, was er privat macht, weiß ich nicht und Yellow Press lese ich nicht. Aber dieses Buch ist auf meinen Wunschzettel gehüpft.

05.02.2009, 15:45

Ja, danke für die Rezi, Pippilotta! André Heller redet in Talkshows oder Interviews oft so affektiert und gespreizt, dass mir jedesmal Schauer der Peinlichkeit über den Rücken laufen. Aber er hat viele sehr schöne Lieder geschrieben, die ich immer wieder gern höre.
Die Kritiken zu dem Buch sind sehr durchwachsen. Dazu hätte ich eine Frage: Stimmt es, was manche Kritiker bemängeln, dass der elfjährige Paul sich für ein Kind viel zu gesucht und prätentiös ausdrückt? Das kann ich nämlich gar nicht leiden (im "Schatten des Windes" ist das ja auch so furchtbar).

05.02.2009, 18:10

Ich muss grundsätzlich dazu sagen, dass mir André Heller nicht wirklich sympathisch ist. Ich halte ihn in erster Linie für einen Selbstdarsteller und seine "Kunstwerke" für entbehrlich.

Dennoch fand ich das Buch sehr lesenswert. Ja, er drückt sich auch in diesem Buch sehr gewählt aus, da er selber aber im "wirklichen" Leben auch so ist, hat es mich nicht weiter gestört. Ich habe das Buch auch nicht aus der Sicht eines 11-jährigen gelesen, sondern aus der Sicht eines Erwachsenen, der sich erinnert. [Das ist für mich ein Unterschied. Bei Foer z.B, in "Extrem laut und unglaublich nah" hat mich genau diese "unkindliche" Sprache sehr gestört.]

Ich möchte außerdem noch anmerken, dass es sich nicht um eine Biografie im eigentlichen Sinn handelt. Wer einen "Lebenslauf" erwartet, wird enttäuscht sein. Es ist vielmehr eine Aneinanderreihung von einzelnen Anekdoten.
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