Krümels-Bücherwelt ...

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Delecroix, Vincent - La chaussure sur le toit




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Delecroix, Vincent - La chaussure sur le toit

Beitragvon tom » 03.11.2007, 15:01

Im Zentrum des Geschehens : ein Schuh auf einem Dach! Alle Personen des Romans stehen in Verbindung mit diesem Haus (dem Dach und diesem Schuh!) in der Nähe des Pariser Nordbahnhofs: ein verträumtes Kind, ein Eindringling in die Wohnung seiner ehemaligen Geliebten, ein paar Verbrecher, ein ehemaliger, nun aber zur Philosophie bekehrter Fernsehmoderator, ein melancholischer Hund, ein Immigrant ohne Papiere, eine exzentrische alte Dame, ein leicht eingebildeter, moderner Künstler, ein Einbeiniger, ein Ich-Erzähler nah am Rande des Selbstmordes...

Die zehn Kapitel könnten fast so als Kurzgeschichten stehen: sie erzählen jeweils aus anderer Warte eine mögliche Variante des „Schuhs auf dem Dach“, Variante im Bezug, aber auch Variante im Stil: mal Anklage, mal Erzählung, mal märchenhaft etc. Und Delecroix schaut mit wachem und humanem Blick hinter die Fenster und Wohnungstüren (das erinnerte mich an die Strassenbahnszene im „Himmel über Berlin“ von Wim Wenders) und erzählt von diesen Leben mit ihren Schwierigkeiten und auch in ihrem jeweiligen Alleinsein. Alle Personen sind auf ihre Weise Einzelgänger. Doch für Delecroix scheint dies wie eine Grundbefindlichkeit des Menschen zu sein, vielleicht sollte uns dies also nicht abschrecken, denn eigentlich sind in diesen Geschichten, die miteinander durch Querverweise und eben gemeinsame Themen verbunden sind, Einsamkeit, Leid, aber doch auch Humor ganz nah beieinander. Schmunzeln, ja Lachen als auch ein wenig Nachdenklichkeit waren bei der Lektüre oft gleichzeitig. Und wenn so ein Schuh auf dem Dach eben was ganz Gewöhnliches sein kann, dann vielleicht auch jene einzelnen Schicksale?
Für mich eine sehr schöne Entdeckung!

:stern: :stern: :stern: :stern:

Vincent Delecroix wurde 1969 geboren, lebt und unterrichtet Philosophie in Paris. Ein Schwerpunkt seiner Studien beschäftigt sich mit Kierkegaard.

Bisherige Prosa:
Retour à Bruxelles, récit lyrique, Actes Sud, janvier 2003.
La preuve de l'existence de Dieu, monologues, Actes Sud, 2004.
A la porte, roman, Gallimard, NRF, 2004
Ce qui est perdu
Dazu kommen philosophische Arbeiten…

Broché: 217 pages
Editeur : Editions Gallimard (30 août 2007)
Collection : Blanche
Langue : Français
ISBN-10: 2070781550
ISBN-13: 978-2070781553

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tom
 

von Anzeige » 03.11.2007, 15:01

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Beitragvon Pippilotta » 03.11.2007, 18:00

Das hört sich sehr interessant an. Ich mag solche Geschichten ... irgendwie erinnert es mich an ein Buch, weiß jetzt aber nicht an welches. Irgendein Ding, das einige - eigentlich fremde - Menschen verbindet, die Hintergründe und Einzelschicksale werden beleuchtet und am Ende kommt heraus, dass die Menschen mehr verbindet, als man vorher geahnt hat.

Wie ich sehe, ist von diesem Autor noch gar nichts auf Deutsch erschienen ... schade.
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon tom » 03.11.2007, 19:37

Pippilotta hat geschrieben: Ich mag solche Geschichten ... irgendwie erinnert es mich an ein Buch, weiß jetzt aber nicht an welches. Irgendein Ding, das einige - eigentlich fremde - Menschen verbindet, die Hintergründe und Einzelschicksale werden beleuchtet und am Ende kommt heraus, dass die Menschen mehr verbindet, als man vorher geahnt hat.
Wie ich sehe, ist von diesem Autor noch gar nichts auf Deutsch erschienen ... schade.


Ja, mich erinnert es auch an irgendwelche Bücher oder Filme! Zum Beispiel gibt es von Kieslowski einen Film "Der Zufall" (bin mir nicht über den deutschen Titel sicher), indem von einer Grundsituation drei mögliche Folgen beschrieben werden.
Oder Short Cuts von Robert Altmann.

Ich meinte aber, dass hier im Kruemel desletzt solch ein Buch irgendwo rezensiert worden ist?! Wenn das mal nicht Voltaire war?!

Was die Übersetzungen anbetrifft, hoffe ich doch stark, dass mal was kommen wird? Dieses Buch zumindest hat ziemliche Beachtung gefunden und stand/steht bei mehreren der herbstlichen Literaturpreisen auf der Shortlist.

Ich glaube, dass es vielen Kruemels gefallen könnte!
tom
 



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