(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)
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Sook Nyul Choi - Year of Impossible Goodbyes

24.09.2007, 21:26

Im Rahmen meiner "Vorbereitung" auf die Koreareise griff ich gestern Abend zum nächsten Buch, das ich mit anderen vor einiger Zeit in unserer Bibliothek gefunden hatte. Waren mir die Titel der anderen Bücher schon größtenteils bekannt, bzw. hatte ich sogar schon einige von ihnen gelesen, so war mein jetziger Griff Neuland:

Sook Nyul Choi - Year of Impossible Goodbyes, bzw. auf Französisch: L'année de l'impossible adieu. Leider habe ich keine deutsche Fassung ausfindig machen können. Ja, die Eingabe ihres Namens ergibt auf Deutsch kein Ergebnis auf Google, während sie auf Englisch (und Französisch) wohl präsent ist.

Die Autorin stammt selber aus Nordkorea und konnte flüchten. Wenn ich die Hinweise richtig interpretiere ist die Originalsprache dieses Buches dann auch tatsächlich englisch!

Allererster Eindruck: Das Buch beginnt im Frühjahr 1945 mit einer Erwachen in einer Familie im Norden Koreas, bei Pyongyang, das heißt also dem späteren Nordkorea. Erzählt wird das Buch aus der Sicht eines zehnjährigen Mädchens. Sie beobachtet den zur Meditation unter einen Baum sitzenden Großvater. Herrliche Beschreibung... Und für mich die erste Assoziation: wissen wir, wieviel LEBEN da war, oder da sein wollte, will? Mitten in einem Land, das zu dieser Zeit schon seit gut vier Jahrzehnten von Japan besetzt war und ausgenommen wird? Sie zwingen den Schintoismus als Kult herbei und verbieten den Unterricht der koreanischen Sprache! Und tatsächlich taucht diese diktatorische Gegenwart der japanischen Kolonialherren auch schnell auf: sie sind es, die im Hof quasi einen von der Mutter geleiteten Betrieb weiter arbeiten sehen wollen. Mit den dortigen Erzeugnissen soll "die Front unterstützt" werden. Und man erinnert sich daran, dass der Krieg in Asien ja noch über das Frühjahr hinausging. Anspielend versteht man, dass der Vater und die Brüder sich (wie viele andere männliche Koreaner) in der Mandschurei aufhalten und von dort aus an der Befreiung Koreas arbeiten wollen.

Die Tage dann mehr...

Paperback: 176 pages
Publisher: Yearling Books; Reprint edition (Feb 1993)
Language English
ISBN-10: 0440407591
ISBN-13: 978-0440407591

Sehr gute Einführung in das Buch: http://eolit.hrw.com/hlla/novelguides/m ... e.Choi.pdf

Sook Nyul Choi - L'année de l'impossible adieu -

Broché: 216 pages
Editeur : Gallimard (13 octobre 1994)
Collection : Page blanche
Langue : Français
ISBN-10: 2070583767
ISBN-13: 978-2070583768

24.09.2007, 21:26

25.09.2007, 08:03

Vielen Dank für deinen ersten Leseeindruck. Schade, dass das Buch nicht in deutsch übersetzt ist. Ich merke gerade, wie wenig ich über dieses Land und seine Geschichte kenne.
Zuletzt geändert von wolves am 29.09.2007, 11:00, insgesamt 1-mal geändert.

27.09.2007, 08:35

Weiter zum Buch, das ich fast ausgelesen habe:

Die diktatoriale Gegenwart der Japaner steht im ersten Teil sehr im Vordergrund, sei es bei den auferlegten Zwangsarbeitsbedingungen in der Schuhwerkstatt, sei es in der schrecklichen indoktrinierenden Schule für das Mädchen Sookan andererseits.
Als sich die Niederlage der Japaner abzeichnet und diese also abziehen, entsteht erstmals für kurze Zeit eine Periode der Entspannung und der Freiheit: ein Aufatmen geht durch alle!
Schnell aber sind die Russen, bzw. die Sowjetsoldaten vor der Tür. Zwar ist ihre Gegenwart etwas anders, und doch entwickelt sie sich rasch zu einer ähnlichen unterdrückenden Realität, auch hier auf der Ebene von Zwangsarbeit (auf dem Feld) und, für die Kinder, einer ganz ähnlich wie bei den Japanern aufgebauten Hinführung zu einem Stalinismus, Persönlichkeitskult, Bereitschaft, selbst die eigene Familie zu verraten.
Doch "unsere" Familie wartet geduldig auf Nachricht der verschwundenen Brüder, des Vaters und wollen dann in den Süden fliehen.
Eines Tages kommt indirekt Nachricht vom Vater, der seine Frau und die verbleibenden zwei Kinder zur Flucht einlädt. So geht es unter fragwürdiger Begleitung auf in Richtung Grenze...

Als ich gestern mit einem koreanischen Mitbruder darüber sprach wurde mir nochmals deutlich, wie blind wir manchmal sind, bzw. wie wir Leiden auf bestimmten Seiten sehen: Über manche historischen Übel sind wir uns inzwischen einig, bzw. sind wir aufgeklärt. Was in Korea unter den Japanern, dann später unter den Russen, bzw. bis heute unter einem diktatorialen Regime abläuft, geht immer noch unter "ferner liefen".

28.09.2007, 17:26

Auf der Flucht werden sie wirklich von der Mutter getrennt und auch vom "Fluchthelfer" im Stich gelassen. Allein und verloren streunen sie durch die Gegend, finden aber doch Hilfe bei einer ihnen Nahrung gebenden Frau als auch einem gutmütigen Strassenkehrer. Von diesem werden sie auf den Weg gebracht und unter gefährlichen Umständen gelingt ihnen die Flucht in den rettenden Süden. Über das Rote Kreuz wird ihr Vater in Seoul ausfindig gemacht. Erst ein halbes Jahr später taucht auch ihre Mutter auf, die an der Grenze zurückgehalten worden war.

In diesem Buch spricht durch die einfache Sprache eines zehnjährigen Mädchens die koreanische Geschichte zu uns. Ich bin dankbar, so von dieser Epoche mehr erfahren zu haben.

29.09.2007, 10:59

Nochmal vielen Dank für deine Leseeindrücke! (Ich hab mich oben mit Rezi verschrieben und werd das mal gleich abändern gehen). Ich sehe gerade bei Amazon, dass das Buch ab 10 Jahre empfohlen wird (falls ich es richtig erkannt habe). Das gäbe mir eventuell doch noch eine Chance es zu lesen. Ich habe es mal auf meine Wunschliste gesetzt.

29.09.2007, 14:08

Nun, wolves, ich war etwas überrascht, dass dieses Buch hier und da in einer "Bücherreihe für KINDER" herausgegeben worden ist, vielleicht weil eben die Sprache recht einfach ist, bzw. vielmehr: die "Heldin" ein Kind ist und aus der Sicht eines Kindes schreibt. Doch "zwischen den Zeilen" ist die Story sehr hart und müsste eigentlich bei Kindern Fragen aufwerfen, so dass ich solch ein Buch bei Kindern nur begleitend lesen würde.

Ich selber las es auf Französisch und kann nichts zum Englischen sagen. Doch es muss zugänglich sein. Und so oder so, kann ich jedem nur empfehelen, mal den Sprung zu wagen, und es mal mit einem fremdsprachigen Buch zu versuchen.

29.09.2007, 15:51

oh Tom, Du bist süß :D

Wie soll ich mich denn an ein fremdsprachiges Buch wagen, wenn ich die Sprache (das wären alle außer evtl. englisch) noch nicht mal im Ansatz beherrsche ?

30.09.2007, 10:59

Meine Schwägerin (sie ist gebürtige Engländerin) behauptet ja immer ich hätte ein gutes passives Englisch-Sprachvermögen. Da sie fast nur Englisch mit mir spricht (hin und wieder wedel ich da schon mal mit einer weißen Fahne und muss nachfragen) gebe ich ihr zumindest mal die richtigen Antworten auf Deutsch. So ein Gespräch in Englisch ist nach spätestens einer Stunde richtig anstrengend für mich und meine Konzentration gegen Null. :roll:


@tom: Die Altersangaben scheinen oft nicht so wirklich zutreffend zu sein. Bei so einem Thema würde ich wahrscheinlich (ohne jetzt das Buch zu kennen) auch lieber mitlesen. Das Thema ist nicht leicht.
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