Oben wie unten ist es sehr still, ein ganz leiser Roman mit tiefer Wirkung.
Niederlande, in der Nähe von Amsterdam befindet sich ein kleiner Bauernhof mit Kühen, Schafen, Hühnern und zwei Eseln. Auf dem Anwesen wohnt Helmer mit seinem alten Vater zusammen.
Der Roman beginnt mit den Worten:
“Ich habe Vater nach oben geschafft.” Helmer trägt nicht nur seinen gebrechlichen Vater nach oben, sondern auch das alte Bild mit den schwarzen Schafen, die Standuhr, die Familienfotos und die alten Möbel. Unten beginnt er zu renovieren, reißt den uralten Teppich heraus, streicht die Dielen sowie die Fensterrahmen. Er bestellt sich sogar für sein neues Schlafzimmer, das ehemalige Elternschlafzimmer, ein neues Bett. Ein Befreiungsschlag!
Denn Helmer wollte gar nicht Bauer werden. Er hat nach dem Abitur Literaturwissenschaft studiert bis an den Tag als sein Zwillingsbruder Henk starb.
„Jetzt bist du der Bauer.“
Nur noch halb anwesend begibt sich Helmer in dieses Schicksal. Doch jetzt ist er Mitte 50 und nur die zwei Esel entspringen seinen Wünschen. Er mag keine Kühe, und Schafe sind dumm. Morgens melken und füttern, abends melken und füttern. Im Frühjahr, im Sommer, im Herbst und im Winter.
“Ich habe Vater nach oben geschafft.”
Der Roman spiegelt eine trostlose Verlassenheit, und ist in einer ganz kargen Sprache geschrieben, aber diese Ödnis hätte er anders nicht besser verdeutlichen können. Eigentlich ist alles tot: Oben die Toten und der Vater, der schon ein bisschen tot ist, und unten der Lebendige, der aber auch schon halb tot ist. Aber durch den Akt, die Toten nach oben zu bringen, kann sich Helmer in ganz kleinen Schritten etwas befreien, die ganze Last kann er jedoch nicht abwerfen.
Ein wunderbares Roman-Debüt von Bakker, bei dem man hoffen darf, dass da noch einige weitere gute Bücher folgen werden. Lediglich einen Schönheitsfehler besitzt das Werk, dass nämlich eineiige Zwillinge nie so verschieden sind. Dennoch sehr empfehlenswert!
Gerbrand Bakker wurde 1962 geboren, studierte niederländische Sprach- und Literaturwissenschaft in Amsterdam, arbeitete als Übersetzer und besitzt auch ein Diplom als Gärtner. Bisher hat er ein etymologisches Wörterbuch herausgebracht.
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