Krümels-Bücherwelt ...

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Stamm, Peter - Agnes




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon Krümel » 11.06.2008, 15:46

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Vom Wunsch die Wirklichkeit zu planen; geschickt verwebt!

Eigentlich ist “Agnes” eine banale Liebesgeschichte. Der Schweizer Sachbuchautor recherchiert in Chicago über Luxuseisenbahnwagen, und trifft dabei im Lesesaal “Agnes”, die an ihrer Dissertation arbeitet. Bei einer gemeinsamen Rauchpause lernen sie sich kennen, und trinken einen Kaffee gemeinsam. Hieraus entwickelt sich zunächst eine lockere Beziehung, später zieht Agnes beim Ich-Erzähler ein.

Das Besondere an dieser Geschichte ist, dass der Erzähler auf Wunsch seiner Geliebten, die Geschichte “Agnes” festhalten soll. Der Autor schreibt diese nieder bis er bei der Gegenwart angekommen ist, und danach entwickelt sich ein Spiel wobei die Geschichte jeweils in die Zukunft blickt, und später wieder auf dem Boden der Tatsachen korrigiert wird. Die Liebenden planen und sehen voraus, doch das wahre Leben präsentiert sich immer anders …

Diese Kombination, diese Vermischung von Traum und Wirklichkeit, hat mich sehr angesprochen, und machte dieses Büchlein zum Lesegenuss. Ich kann diese Lektüre nur empfehlen.

Über den Autor:
Peter Stamm wurde 1963 geboren. Nach einer kaufm. Ausbildung studierte er Anglistik, Psychologie, Psychopathologie und Wirtschaftsinformatik. Als freier Autor und Journalist war er viel im Ausland tätig; und verfasste Hörspiele und Theaterstücke. Nun schreibt er Romane und arbeitet als Redakteur für “Entwürfe für Literatur”.

Bewertung: :stern: :stern: :stern: :stern:
Schwierigkeitsgrad: leicht
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von Anzeige » 11.06.2008, 15:46

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Beitragvon Krümel » 11.06.2008, 15:46

Hallo Tom

Ich habe die Rezi auch nicht gefunden, deshalb habe ich sie soeben eingestellt.
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Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon tom » 11.06.2008, 16:26

Danke, Krümel, fütr das Reinstellen. Ich "wußte" doch, dass Du es gelesen hattest! Deine Inhaltsangabe finde ich bis zu einem gewissen Punkt soweit ganz treffend. Ich selber stellte mir - gemäß Deines Titels - bei diesem Planen der Zukunft allerdings vor, dass ab einem gewissen Zeitpunkt die Wirklichkeit nicht mehr die Fiktion korrigiert, sondern die Fiktion Ausgangsunkt wird für also geschaffene Wirklichkeit.
Davon ausgehend finde ich dann nämlich die Lektüre nicht gar sooo einfach. Man könnte sich fragen, inwieweit das Schreiben der Zukunft hier wirklich positiv zu bewerten ist...
Was mir als ein Grundthema des Buches aber vorkommt ist sicherlich der Tod in den verschiedensten Formen! Insbesondere Agnes wird von diesem Gedanken "verfolgt", während der Ich-Erzähler dem eher aus dem Wege geht. Auf dieser Ebene finde ich den Roman sehr zeitgenössisch und aktuell: Die eine zerbricht am Tod, der andere nimmt ihn kaum wahr. Ist das nicht auch eine Bestandsaufnahme der heutigen Befindlichkeiten? Ich denke, dass Peter Stamm hier mit seinem ersten Roman ein großer Wurf gelungen ist! Von mir gibt's

:stern: :stern: :stern: :stern: / :stern:
tom
 

Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon Krümel » 11.06.2008, 17:00

tom hat geschrieben:... sondern die Fiktion Ausgangsunkt wird für also geschaffene Wirklichkeit.
Davon ausgehend finde ich dann nämlich die Lektüre nicht gar sooo einfach. Man könnte sich fragen, inwieweit das Schreiben der Zukunft hier wirklich positiv zu bewerten ist...


Na klaro Tom, aber Interpretationen gebe ich grundsätzlich nicht in Rezis, Kopf einschalten und denken, soll jeder Leser für sich :wink:

Für eine Leserunde ist dieses Buch sehr gut geeignet, es bietet viel Stoff zum diskutieren.
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon tom » 11.06.2008, 17:23

Krümel hat geschrieben:
tom hat geschrieben:... sondern die Fiktion Ausgangsunkt wird für also geschaffene Wirklichkeit.
Davon ausgehend finde ich dann nämlich die Lektüre nicht gar sooo einfach. Man könnte sich fragen, inwieweit das Schreiben der Zukunft hier wirklich positiv zu bewerten ist...


Na klaro Tom, aber Interpretationen gebe ich grundsätzlich nicht in Rezis, Kopf einschalten und denken, soll jeder Leser für sich :wink:


:oops: Da frage ich mich, ob ich eventuell sehr häufig den Fehler mache, schon ein großes Stück MEINER Interpretation zu liefern... Vielleicht traut sich hier keiner, mir mal dazu zu sagen, ob das zu weit geht?
Ich empfinde bei diesen Büchern, dass sie in gewissem Sinne nicht viele Geheimnisse verbergen, dass man viel sagen kann, und doch muss man es selber lesen?!
tom
 

Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon Krümel » 11.06.2008, 17:57

tom hat geschrieben: :oops: Da frage ich mich, ob ich eventuell sehr häufig den Fehler mache, schon ein großes Stück MEINER Interpretation zu liefern... Vielleicht traut sich hier keiner, mir mal dazu zu sagen, ob das zu weit geht?
Ich empfinde bei diesen Büchern, dass sie in gewissem Sinne nicht viele Geheimnisse verbergen, dass man viel sagen kann, und doch muss man es selber lesen?!


Machst du das? Wäre mir jetzt nicht aufgefallen. Ich wollte dir auf jedem Fall nicht auf die Füße treten :oops: Tut mir leid.
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Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon Pippilotta » 11.06.2008, 19:06

tom hat geschrieben: :oops: Da frage ich mich, ob ich eventuell sehr häufig den Fehler mache, schon ein großes Stück MEINER Interpretation zu liefern... Vielleicht traut sich hier keiner, mir mal dazu zu sagen, ob das zu weit geht?
Ich empfinde bei diesen Büchern, dass sie in gewissem Sinne nicht viele Geheimnisse verbergen, dass man viel sagen kann, und doch muss man es selber lesen?!


Erstens gehst du nicht zu weit und zweitens ist das jedenfalls kein Fehler!!!! Ich schätze gerade Deine ganz persönlichen Eindrücke sehr in deinen Buchkommentaren und kann dadurch sehr gut einschätzen, ob es evt. ein Buch für mich ist! Also: weiter so!!
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon wolves » 12.06.2008, 08:42

Pippilotta hat geschrieben:
tom hat geschrieben: :oops: Da frage ich mich, ob ich eventuell sehr häufig den Fehler mache, schon ein großes Stück MEINER Interpretation zu liefern... Vielleicht traut sich hier keiner, mir mal dazu zu sagen, ob das zu weit geht?
Ich empfinde bei diesen Büchern, dass sie in gewissem Sinne nicht viele Geheimnisse verbergen, dass man viel sagen kann, und doch muss man es selber lesen?!


Erstens gehst du nicht zu zweit und zweitens ist das jedenfalls kein Fehler!!!! Ich schätze gerade Deine ganz persönlichen Eindrücke sehr in deinen Buchkommentaren und kann dadurch sehr gut einschätzen, ob es evt. ein Buch für mich ist! Also: weiter so!!

Da möchte ich mich absolut anschließen!!!
Liebe Grüße
wolves


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Re: Stamm, Peter - Agnes

Beitragvon Pippilotta » 04.08.2010, 06:32

Dieses Büchlein hat es in sich! Es wurde in diesem Thread schon viel gesagt, mir fällt gar nicht mehr viel Neues ein. Die Idee des "Entwerfens" eines Lebenslaufes, die Vermischung von Fiktionalem und Realem sowie die Tatsache, dass man vom Leben ohnedies überholt wird, wird von Peter Stamm grandios umgesetzt! In den ersten Sätzen wird das Ende vorweggenommen: Agnes ist tot, die Beziehung dauerte nur 9 Monate. Somit ist das Stöcklein geworfen, und der Leser macht sich neugierig daran zu erfahren, wie denn die Beziehung verlief, wie es soweit kommen konnte.
Peter Stamm ist ein Meister der "vermeintlich einfachen Sprache". Seine Charaktere (in diesem Fall besonders Agnes) würde ich fast schon als "sagenumwoben" bezeichnen, vieles wird angedeutet, vieles bleibt im Dunklen, oder wird von der Ferne gezeichnet. Auffallend ist immer wieder die Konfrontation mit dem Tod (der, so schien mir, irgendwie an Agnes' Person hing), und der Umgang mit demselben.

Starkes Buch, starke Empfehlung von mir!!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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