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Updike, John - Gegen Ende der Zeit




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Updike, John - Gegen Ende der Zeit

Beitragvon Katia » 22.01.2011, 17:52

John Updike: Gegen Ende der Zeit


Ben ist Mitte 60, lebt in Massachusetts in einem großen Haus mit viel Grund und Blick auf's Meer. Aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammend, war er als Finanzberater erfolgreich, hat zudem in zweiter Ehe die wohlhabende Gloria geheiratet. So hat Ben Zeit die Natur zu beobachten, Golf zu spielen und Tagebuch zu schreiben....
Der Roman spielt im Jahr 2020, in einer durch einen verheerenden Krieg zwischen Amerika und China verwüsteten Welt, in der die USA keine zentrale Regierung mehr hat, Reisen der Vergangenheit angehören und Ben Schutzgeld an zwei Kleinganoven, Phil und Spin, bezahlt.
Gloria scheint sehnlich darauf zu warten, Witwe zu werden, während Ben in ihrer Abwesenheit scheinbar mit einer jungen Hure zusammenlebt und als Belohnung für seine Kooperation mit den Jugendlichen, die Phil und Spin verdrängen, deren Komplizin Doreen betatschen darf.
Als er schließlich an Prostata-Krebs erkrankt, Golf und Sex nur noch in Gedanken stattfinden, stellt er sich zunehmend die Frage, wann seine Zeit auf der Erde abläuft.

Der Roman umfasst fast genau ein Jahr, erzählt in Bens Tagebuchaufzeichnungen. Dabei vermischen sich Wirklichkeit und Phantasie des alternden Mannes, während er seinen Garten, die Pflanzen und Bäume genauestens beobachtet. Dass aber seine Frau diejenige ist, die Entscheidungen über zu fällende Bäume und zu pflanzende Büsche trifft, sagt viel über die Ehe aus. Von Liebe zwischen den beiden ist wenig zu spüren, Sex scheint ihr verbindendes Element zu sein.
Die äußere Handlung spiegelt und ergänzt sich mehrfach in den ablaufenden Jahreszeiten, aber auch der Geschichte des Universums, in Bens Phantasien und Erinnerungen. Alter, Tod, Vergänglichkeit, die Sehnsucht danach nochmal jung zu sein, manches anders zu machen: Ben lebt seine Ängste, reflektiert sein Leben.
"Altmännerliteratur", "langatmige Naturbeschreibungen" könnte man dem Roman vorwerfen und ist ihm sicher auch vorgeworfen worden. Erotische Phantasien/Erlebnisse eines Mitte 60-jährigen: wer das nicht mag, sollte die Finger von dem Buch lassen. Ihm entgeht ein grandioses Updike'sches Endzeitszenario aus der Innensicht eines alternden Protagonisten. Es gibt Bücher, die mag ich nicht uneingeschränkt (hier: zu viele Pflanzen, die ich nicht kenne und daher Schwierigkeit Updikes Bilder in meinem Kopf zu reproduzieren), aber beim Lesen und erst recht beim Schreiben der Rezension fallen mir immer mehr Zusammenhänge, Metaphern und Details auf: einfach gute Literatur.

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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