Vikarin nannte man in früheren Zeiten eine umherziehende Lehrerin ohne feste Stelle. Eigentlich wäre die Stellvertreterin viel lieber Schriftstellerin geworden, doch der notwendige Broterwerb zwing sie dazu, dieser ungeliebten Tätigkeit nachzugehen.
Sie fährt mit dem Fahrrad und dem Zug an ihre Arbeitsstelle und beschreibt dabei mit sehr viel Liebe zum Detail ihre Begegnungen mit der Landschaft, den Tieren und Menschen.
Ihre Stellvertretungen absolviert sie in abgelegenen Landschulen bei Einklassenschulen. Bei ihrer ersten Stelle haben nicht einmal alle Schüler einen Platz zum sitzen, so ärmlich ist das Klassenzimmer eingerichtet.
Ihre Stellen tritt sie oft mit einem grossen Widerwillen an und hat grossen Respekt, ja teilweise sogar Angst vor der Begegnung mit den Schüler und Schülerinnen.
Die Autorin wechselt oft vom „Ich“ zum „Sie“ und beschreibt sich als Aussenstehende.
Das Buch regt ungemein die Sinne an. Die Autorin schreibt zum Beispiel vom Geruch von Urin und Seifenlauge in den Gängen der Schulhäuser und man kann es als Leser förmlich riechen.
Für mich sehr schwere Lektüre. Oft düster, dunkel und sehr schwermütig, Schmerz und Enttäuschung nur selten Lichtblicke im tristen Alltag der Protagonistin.
Schön und ungemein poetische sind die bereits erwähnten Landschaftsbeschreibungen.
Interessant ist auch, als Leser in den damaligen Schulalltag hineinzuschauen. Hart hatten es die Kinder zu dieser Zeit. Oft hatten sie schon einige Stunden Arbeit auf dem heimischen Hof hinter sich, bevor sie sich dann auf den oft kilometerlangen Weg zur Schule begaben.