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Claudel, Philippe - Le bruit des trousseaux




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Claudel, Philippe - Le bruit des trousseaux

Beitragvon tom » 13.08.2007, 21:26

Philippe Claudel (* 1962 in Dombasle-sur-Meurthe, Lothringen) ist ein französischer Schriftsteller und Dramatiker. Während 11 Jahre ging er jede Woche in ein Gefängnis, um dort Französisch zu unterrichten. Als er, innerlich auseinander gerissen, dann den Dienst quittierte, musste er doch nach einiger Zeit seine Eindrücke sammeln und verarbeiten. Daraus entstand kein Roman, auch kein Essay, aber vielmehr eine Ansammlung kleiner Szenen, Eindrücke, Segmente, Reflexionen über das Leben im Gefängnis. Sie sind durch das Thema miteinander verbunden, aber bilden nicht einen Fluss.
Eigentlich könnte man die kurzen Abschnitte lange meditieren, weil sie – ohne irgendwelches Gehabe – etwas vom Leben in einem Gefängnis verdeutlichen. Claudel unterstreicht, dass er allen Altersstufen, jeglichen beruflichen Schichten, beiden Geschlechtern etc. begegnet: das Gefängnis als Spiegel einer Gesellschaft. Und unter diesen Verurteilten entdeckt er „die bewundernswerten und menschlichen als auch die perversen und mittelmäßigen“. In dieser Aussage fühlte ich mich an Dostojevskis „Aufzeichnungen aus einem Totenhause“ erinnert...
Für den darauf Eingestimmten und Interessierten sicherlich ein sehr empfehlenswertes Buch, um über die Klischees irgendwelcher Filme hinaus etwas von der Realität eines Lebens hinter den Mauern zu erahnen.

:stern: :stern: :stern: :stern:/:stern:

In Erwartung einer deutschen Ausgabe setze ich das französische Original hier ein:

Reliure inconnue: 92 pages
Editeur : Stock (9 janvier 2002)
Langue : Français
ISBN-10: 2234054494
ISBN-13: 978-2234054493

Bild

Ich sah gerade auf Salomes Blog, dass sie eine kleine Vita über Claudel erstellen will. Ich muss sagen, dass ich trotz Suchens nicht viel gefunden habe!
tom
 

von Anzeige » 13.08.2007, 21:26

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Beitragvon Salome » 14.08.2007, 07:16

Wunderbar! Danke für die Vorstellung von diesem Buch!
Endlich konnte ich mir ein rechtes Bild von diesem Werk machen.
Diese Zeit, in der Claudel im Gefängnis arbeitete, war für ihn und sein Schaffen wichtig und prägend. Wie er selbst sagt hat er dort sozusagen sein Philosophie, dass alle Seelen grau, also niemand frei von Schuld ist, entwickelt. "Le bruit des trousseaux" ist also ein Schlüsselwerk und wäre für mich wirklich hochinteressant.
Es gibt "Le bruit des trousseaux" ja nur auf Französisch und ich habe Kontakt mit dem Kindler- Verlag, wo man mir leider mitteilte, dass sie dort nicht vorhaben dieses oder weitere der alten Werke von Philippe Claudel zu übersetzen und herauszubringen.
Im September erscheint einzig bei rororo “Flore” und im Januar 2008 bei Kindler “Der Junge, der in den Büchern verschwand und andere Geschichten”. Sehr sehr schade, dass mir dieses von Dir vorgestellte Buch wohl verschlossen bleiben wird .... :-( (Ich übe allerdings mit mäßigen Fortschritten mein Französisch, wenn ich ein wenig Zeit habe)

Das Portrait habe ich bis jetzt auch mangels der benötigten Infos noch nicht fertig. Vielleicht, Tom, hast Du ja mal Zeit und Lust mir ein wenig beim Übersetzen zu helfen, das wäre toll! Sollte dem so sein, schick mir doch mal eine PN. :D
Salome
 

Beitragvon tom » 18.08.2007, 15:15

Salome hat geschrieben: Wie er selbst sagt hat er dort sozusagen seine Philosophie, dass alle Seelen grau, also niemand frei von Schuld ist, entwickelt.


DIES (niemand ist frei von Schuld) geht an uns scheinbar außen brav und unschuldig Davorstehenden! Und ich bin einverstanden damit. Es ist wunderbar, wenn man so den Menschen in seiner Komplexität darstellt: nicht einfach immer schwarz und weiß! So verstand ich das "Grausein". Und dazu hast Du ja in Deinem Bücherblog das herrliche Zitat, das ich mir übrigens bei meinem Lesen vor einem Jahr genauso auch angestrichen habe!

Nun habe ich das Buch inzwischen an die Bücherei zurückgegeben, aber sinngemäß sagt Claudel in einer längeren Passage, dass, wenn doch alle Altersstufen, Geschlechter, Berufe etc. hier versammelt sind, keiner sich in der Möglichkeit zumindest ausschließen kann: Eine Zeit im Gefängnis bleibt als Möglichkeit für jeden von uns. Ich meine sogar, dass er sagt, dass wir uns auf das Gefängnis vorzubereiten, einzustellen haben!!!

Ja, und in der Gegenbalance, bzw. als Grundaussage des Buches eben auch diesen Gedanken von Dostojevski, der in den "Aufzeichnungen aus einem Totenhause"mal sagte "Auch unter den Verbrechern findest Du Gute und Schlechte...".
tom
 

Beitragvon Salome » 20.08.2007, 13:42

@ Tom : Wie schön diese Worte zu hören... :D Ich hatte schon arge Zweifel an meinem Geschmack...
Salome
 



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