Krümels-Bücherwelt ...

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Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Beitragvon Pippilotta » 17.11.2007, 09:30

Tom, es ist sehr interessant deine Gedanken zu lesen! Und sie bringen mich jetzt auch richtig zum Nachdenken!
Und du hast auf jeden Fall Recht, mit dem was du sagst. Und Du hast auch damit Recht, dass es immens schwierig ist, die Gedanken und Gefühle zum Buch in Worte zu fassen. Aber ich versuche es mal:

Mir war das einfach "zuviel", was in das Buch hineingepackt wurde. Den Strang rund um Hiroshima fand ich schlicht und ergreifend - und jetzt "grob" gesagt, überflüssig. Mit den Einzelschicksalen der vorkommenden Personen könnte man Bücher füllen, für mich war dieses Buch schon "randvoll", und dann kam auch noch diese Hiroshima-Geschichte, das war mir dann zuviel.
Aber vielleicht hat es Foer in dem Sinne gut gemacht, dass er den Hiroshima Strang "für sich" stehen ließ. Wäre hier noch irgend eine direkte Verknüpfung zu nahestehenden Personen rund um Oskar gewesent, wäre das Buch wohl gekippt.

Wenn hier aber ein Amerikaner [...] die Attentate mit zwei Greueln auf anderen Seiten vergleicht, überspringt er auch die Gefahr, dass man sich alleine als Opfer sieht und sieht irgendwie einen universaleren Aspekt.


Diesen Ansatz finde ich gut! Es ist vielleicht ein Vorurteil von mir, aber die Amerikaner sehen sich oft schon sehr gerne als "Opfer" und als Nabel der Welt. Hätte Foer die Story alleine auf 9/11 belassen, wäre sie für mich "typisch amerikanisch, wehleidig". Davon gibt es genug Literatur und ich hätte ihm schlicht unterstellt, er wolle "auf den Zug aufspringen". Das ist hier nicht der Fall.

Ich hatte das Buch aus der Bib ausgeleliehen ... ich glaube, ich muss es mir kaufen! :wink:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon tom » 17.11.2007, 16:12

Ja, ich bin dann gestern noch bis ans Ende gegangen; da konnte ich nicht mehr aufhören! Ein sehr beeindruckendes Buch!

Man mag das Buch vollbepackt nennen, ist es auch. Foer zeigt eindeutig, z.B. bei den Gedankenspielen Oskars, oder den Kurzbiographien der Blacks etc., welche überbordende Phantasie er hat, wie viele Geschichten eigentlich hinter puren Andeutungen noch geschrieben werden könnten. Es kann sein, dass das dann fast schon Protzerei mit seinen Möglichkeiten ist...?! Aber das ist ja ein junger Hecht! Gerade 30 und sowas geschrieben, nee, da schlackern mir die Ohren!
Ich weiß nicht, ob ich ihm ein noch zentrierteres Schreiben anraten soll, denn andererseits steckt in diesem Überbordenden ja auch etwas von seiner ihm eigenen Gabe?

Trotz dieser Bemerkungen gebe ich ruhigen Gewissen volle

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
tom
 

Beitragvon Pippilotta » 17.11.2007, 18:06

... und ich habe mir erlaubt, mein Eingangsposting zu editieren und die Sterne zu erhöhen.
Mir ist erst jetzt bewusst geworden (und in der Diskussion mit Tom), wie präsent mir der INhalt dieses Buches noch ist und wie nachhaltig es mich dann doch beeindruckt hat!
Danke, @tom, fürs Teilhaben am Lesen! War echt spannend für mich!
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Katia » 29.01.2011, 12:29

Wie gestern schon angekündigt, habe ich den Foer gestern noch ausgelesen. Wow! :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Die Dinge, die Pippi und Karthause gestört haben, habe ich eher wie Tom empfunden. Natürlich ist Oskar extrem altklug, aber es wird auch immer wieder relativiert. Klar, er liest den Hawking, aber immer nur die ersten paar Seiten. Er "kennt" sexuelle Begriffe, aber nur weil er im Netz darüber gelesen hat (was war ich in der 3. oder 4. Klasse stolz, weil ich "wusste", was "f***en" heißt!) Für einen gegen Ende des Buchs 11-jährigen finde ich das nicht so absurd. Seine Erfindungen, z.B. den Tränentank oder die "Mach Dir keine Sorgen, es ist nicht schlimm"-Krankenwagen haben mich im Kontext des Buchs sehr bewegt, zeigen die Seelennot des Jungen. Auch die Figur der Mutter fand ich sehr interessant. Wir bekommen Sie ja nie aus Ihrer Sicht geschildert, erst am Schluss wird ein bisschen was klarer. So nehmen wir ihr gegenüber fast den ganzen Roman über Oskars Perspektive ein.
Viele Stellen -- und mir fällt kein anderes Wort als dieses pathetische ein -- waren herzzerreißend, ob das daran liegt, das Foer sich manchmal an der Grenze zum "Katastrophenkitsch" (wie ihn Katastrophenfilme gerne zeigen) bewegt, kann ich kaum beurteilen, weil ich so im Buch "drin" war.

Sehr gut gefallen hat mir auch die besondere Gestaltung des Buchs, das Oskars "Stuff that happend to me" widerspiegelt, die Typographie, die Schreibstil und Gefühle der drei Erzähler wiedergibt. Ich habe mich auch immer wieder dabei ertappt, darüber zu rätseln. So saß ich mit Handy vor der Stelle an der Thomas versucht seine Frau vom Flughafen aus anzurufen und auch wenn ich die Zeit und Geduld nicht habe, es zu entschlüsseln, denke ich doch die zwei Seiten Zahlen liesen sich entschlüsseln, wenn man wollte. Oder auch der Text, der so gedrängt gedruckt ist, dass er sich nicht mehr lesen lässt. Der Brief mit den roten Anstreichungen, ein eingekringeltes "I love you, Your father": schön, wie Foer es schafft mit solchen Kleinigkeiten hier fast wörtlich "zwischen den Zeilen" soviel zu sagen.

Übrigens erscheint sein neuer Roman "Tree of Codes" dieser Tage :-)

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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Pippilotta » 29.01.2011, 16:49

Je mehr Zeit vergeht, seit ich dieses Buch gelesen habe, umso fantastischer finde ich es. Dieses Buch sollte ich echt nochmals lesen. Obwohl jetzt schon wirklich viel Zeit vergangen ist, beschäftigt es mich immer noch, und wenn ich jetzt Katias Eindrücke lese, erinnere ich mich genau. Das ist äußerst selten bei einem Buch.

UND: ich freue mich sehr zu lesen, dass es von Foer bald Neues in Romanform zu lesen gibt!
Herzliche Grüße
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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Siebenstein » 29.01.2011, 18:25

Sag´ Bescheid, @Pippi, wenn du den Foer nochmal lesen willst. Ich würde mich dann evtl. anschließen. :wink:

Von seiner Frau, Nicole Krauss, deren erstes Buch ich sehr mochte, ist auch gerade ein neuer Roman erschienen. Ich habe dazu ein interessantes Interview gefunden:
http://www.youtube.com/watch?v=ABV34eCgmEE

Liebe Grüße
Siebenstein :wink:
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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Pippilotta » 29.01.2011, 18:28

Das wäre fein, Siebenstein! Werde es beim nächsten Besuch in der Bücherei - so es nicht ausgeliehen ist - mitnehmen.
ja, das von Nicole Krauss was Neues erschienen ist, hab ich vor einigen Tagen gelesen. Kam in der Kritik ganz gut weg und werde ich auch sicher lesen (mir haben sowohl "Kommt ein Mann ins Zimmer" als auch "Die Geschichte der Liebe" sehr gut gefallen).
Danke für den Link, den werde ich mir gleich zu Gemüte führen.

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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Siebenstein » 29.01.2011, 18:45

"Kommt ein Mann ins Zimmer" steht bei mir noch ungelesen im Regal, aber "Die Geschichte der Liebe" fand ich ganz großartig. Das Interview hat mir große Lust auf das Buch gemacht (danke für das Einfügen des Links, das habe ich glatt vergessen) - wir können es zu gegebener Zeit gern gemeinsam lesen.

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Re: Foer, Jonathan Safran - Extrem laut und unglaublich nah

Beitragvon Katia » 30.01.2011, 08:16

Nicole Krauss kommt bald ins Literaturhaus MÜnchen und ich hatte deswegen ihren neuen Roman gestern schon in der Hand, aber so richtig angesprochen hat er mich nicht. Die Kritik in der FAZ war auch nicht so ansprechend. Muss mal nochmal in mich gehen :grübel1: "Tree of Codes" werde ich mir auf jeden Fall zulegen...

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