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Gorelik, Lena - Meine weißen Nächte




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Gorelik, Lena - Meine weißen Nächte

Beitragvon marilu » 06.12.2006, 20:48

Inhalt:

Klappentext hat geschrieben:Was tun, wenn man eine sehr emotionale, sehr russische Mutter hat, die mindestens einmal täglich anruft, um sich zu erkundigen, ob man auch genug gegessen habe? Wenn man eine wunderbare, aber schrecklich vergessliche Großmutter hat, die nur in ihrer Sankt Petersburger Vergangenheit lebt? Und einen reizenden Bruder, der gerade beschlossen hat, sich dem Buddhismus zuzuwenden?
Eigentlich wäre Anja schon damit ausgelastet, ihre Beziehung zu Jan auf die Reihe zu kriegen und sich vielleicht einen Job zu suchen. Aber Anjas Familie ist omnipräsent, auch wenn sie ein paar hundert Kilometer entfernt wohnt.
Als eines Tages ihr Ex-Freund auftaucht und ihr einen Job in einem russischen Reisebüro vermittelt, wird sie schon wieder mit ihrer Herkunft konfrontiert. Und die Erinnerungen an ihre russische Kindheit, wo Kartoffeln mit Hering zum Frühstück der Inbegriff von Glück bedeutete, und später an das deutsche Wohnheim, wo die Tiefkühlpizza in Ermangelung eines Ofens auf dem Herd aufgewärmt wurde, sind wieder da. Mit einer doppelten Identität zu leben, erschöpft sich ganz offensichtlich nicht darin, seinen deutschen Freunden zu erklären, daß Puschkin nicht nur ein Wodka, sondern auch ein Dichter war.


Autorin:

Lena Gorelik wurde 1981 in Sankt Petersburg geboren und flüchtete 1992 mit ihren Eltern als Kontingentflüchtling nach Deutschland. Nach ihrer Ankunft im Land lebte die Familie 1 1/2 Jahre in einem Ausländerwohnheim bei Ludwigsburg. Sie hat eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München absolviert und den viersemestrigen Elitestudiengang "Osteuropastudien" abgeschlossen.

Interview mit Lena Gorelik

Meine Meinung:

Ich habe eine sehr geteilte Meinung zu dem Buch. Einerseits ist es informativ, welche Erinnerungen eine junge Immigrantin an ihr Geburtsland und das Land ihrer Heimat (in diesem Fall Deutschland) hat. Der Roman steht in der Tradition von Jan Weiler oder Wladimir Kaminer. Allerdings erschienen mir die Anordnung der Kapitel und die eingeflochtene Liebesgeschichte allzu willkürlich.

So gibt es ein Kapitel, in dem Anna ohne nähere Erklärung berichtet, dass ihr Freund ihre dicke Wange niedlich findet. Wieso sie Zahnschmerzen und Angst vor Zahnärzten hat, erfährt man allerdings erst 3 Kapitel später, wenn man durch vorherigen Exkurs fast wieder vergessen hat, dass sie überhaupt eine dicke Wange hatte.

Mir ist bewusst, dass der russische Ex-Freund Ilja für ihren russischen Hintergrund stehen soll, und ihr momentaner Freund Jan ihre Gegenwart repräsentiert, aber das war mir doch etwas zu platt.

Andererseits finde ich die Beschreibung des Familienzusammenhalts, der teilweise erstickenden Liebe zueinander und das russische Wesen sehr charmant geschildert. Es gibt den ein oder anderen Lacher, aber auch schockierende Beschreibungen über das Leben im Heim. Insgesamt hätte man mehr aus der Geschichte machen können. Aber für nebenbei ist diese seichte Geschichte recht unterhaltsam.

Mehr als :stern: :stern: :stern: kann ich nicht vergeben, auch wenn der Roman zwischendurch gute Ansätze hat.

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Zuletzt geändert von marilu am 27.09.2008, 09:16, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Voltaire » 07.12.2006, 09:18

Hmm!
Ich hatte das Buch schon ein paarmal in der Hand, mich aber nie zu einer Kaufentscheidung durchringen können. Aufgrund deiner Rezi werde ich es wohl weiterhin auf dem "SnvB" (Stapel nicht verkaufter Bücher) in der Buchhandlung liegenlassen.
Herzlichen Dank für deine sehr schön nachvollziehbare Beurteilung des Buches.
Voltaire
 

Beitragvon marilu » 07.12.2006, 21:07

Das ist eine gute Entscheidung, Voltaire. Es gibt so viele bessere Romane...
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