Hohenems Winter 2006. Der wegen seiner großen Exaktheit bekannte und renommierte Lektor, Dr. Johannes Beer, kündigt sich als Gast bei seinem Autor, dem Ich-Erzähler, an. Obwohl beide seit Jahren miteinander arbeiten, kennen sie sich auf privater Ebene kaum. Zum persönlichen Du kam es eher zufällig als gewollt. Das Verhältnis zwischen beiden ist zwischen fachlichem Vertrauen und persönlicher Distanziertheit angesiedelt. Im Haus des Autors mit erstaunlich großem Gepäck angekommen, begeistert Dr. Beer sich sofort für den urwaldgleichen Wintergarten seiner Gastgeber, wodurch ihm die Sympathien der Hausherrin gewiss sind. Er möchte während seines Aufenthaltes aber nicht nur über Literatur sprechen, er möchte spazieren gehen, allein. Auf einer dieser Wanderungen durch die tief verschneite Alter-Rhein-Landschaft begegnet er einem großen schwarzen Hund, der ihn offensichtlich in sein Herz geschlossen hat.
Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, was Michael Köhlmeier mit diesem Buch ausdrücken wollte. Alles begann sehr leicht und unterhaltsam, steigerte sich aber und bekam immer mehr Tiefe. Oberflächlich betrachtet, berichtet Köhlmeier in seiner Erzählung von einem Autor, der sich mit seinem Lektor trifft. Beide duzen sich mehr aus Versehen und als Freunde kann man sie wohl nicht bezeichnen. Aber je weiter man liest, desto mehr wird man von der leisen, unterschwelligen Traurigkeit und der erzählerischen Dichte erfasst. Unzählige Metaphern, von denen viele auf den ersten Blick nicht gleich ersichtlich sind, schmücken dieses dünne Buch. Es war mir wieder eine Freude, die Sprache des Autors auf mich wirken zu lassen. Beeindruckend beschriebene Szenen, die unaufhaltsam und ganz unbemerkt die Seele des Leser ergreifen, erwecken Emotionen, die noch lange nachhallen. Tief beeindruckt war ich von dem eigentlichen Problem in diesem Buch, dem Tod der Tochter Paula, die so jung starb, noch gar nicht richtig lebte, denn “…sie hat den Boden nur mit den Fußspitzen berührt.” Und so geht es letztlich in diesem gehaltvollen Büchlein nicht nur um Freundschaft, sondern um den Umgang mit dem Tod und um den Verlust eines geliebten Menschen. Dem angedachten Gespräch mit dem Lektor über den Tod der Tochter und dessen literarischer Verarbeitung, das sich der Ich-Erzähler in Gedanken zurechtlegte, liegt eine geniale Konstruktion zugrunde, die einem bewusst wird, wenn man die Biographie Michael Köhlmeiers mit dem vorliegenden Roman vergleicht.
„Idylle mit ertrinkendem Hund“ – von mir eigentlich nur als Zwischenlektüre gedacht – hat mich weitaus mehr beschäftigt und beeindruckt als erwartet. Das zeigt wieder einmal, wie viel sich auf nur 112 Seiten sagen lässt. Dieses Buch kann man getrost mehrmals lesen, ich bin sicher, es wird immer wieder eine Bereicherung sein.