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Le Clézio, Jean-Marie Gustave - Der Goldsucher




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Le Clézio, Jean-Marie Gustave - Der Goldsucher

Beitragvon mombour » 04.12.2009, 16:26

Hallo,

Jean-Marie Gustave Le Clézio: Der Goldsucher

Als im Jahre 2008 der Träger des Literaturnobelpreises verkündet wurde, reagierte Focus Online mit dem Artikel Voll daneben, in dem der Redakteur Jobst-Ulrich Brand über Preisvergaben der letzten Jahre lästerte - „Ja, dann schafft ihn doch am besten gleich ganz ab, den Literatur-Nobelpreis!“ - ohne konstruktive Literaturkritik zu leisten, obwohl schon damals Jean-Marie Gustave Le Clézio zu den am meisten gelesenen französischen Autoren auf der Welt gehörte, Deutschland ihn aber verschlafen hatte.

Mit dem Roman „Der Goldsucher“ taucht Le Clézio in die Welt des Abenteuerromans ein. Der Leser wird allerdings überrascht sein, kein actionreiches Abenteuer vorzufinden, sondern er wird in einer farbigen Sprache gemächlich durch den Roman getragen, auch wenn der Romanaufhänger andere Hoffnungen weckt. Nach den Aufzeichnungen seines Vaters ist Alexis auf der Suche nach dem legendären Goldschatz eines unbekannten Korsaren, der schon seit hundert Jahren gesucht wird, und sein Vater herausgefunden haben will, der Schatz befinde sich auf der Insel Rodriguez im Indischen Ozean gelegen.

Der Roman erzählt von der Naturverbundenheit des Menschen. „Immer, soweit ich zurückdenken kann, hab ich das Meer gehört.“ So beginnt der Roman. Das Meeresrauschen erfüllt Alexis mit „einer Sehnsucht, die er nicht begreife.“ Er lauscht seinem Vater zu, wie er vom Sternenhimmel erzählt, und wenn er im Jahre 1910 von Mauritius Richtung Rodriguez aufbricht, auf dem Deck des Schoners „Zeta“ liegt, dann „schwankt der Himmel zwischen den beiden Masten, die Sternbilder drehen sich, halten einen Augenblick inne und kehren in die Ausgangsstellung zurück.“

Le Clézios poetische Malerei, die Landschaft Mauritius', die Fahrt auf dem Meer, usw. ist von eindringlicher Farbigkeit gezeichnet, die auf mich aber nicht ausufernd wirkt. So lese ich dutzende Seiten, lasse mich durch die Worte treiben wie auf einem Schiff, durchstreife Zuckerrohrplantagen, durchlebe wie ein Robinson Crusoe Alexis' Einsamkeit auf Rodriguez, die Suche nach dem Schatz. Was will ein Autor mehr, wenn er Leser mit seiner Erzählmagie so gewaltig mitreißen kann.

Inhaltlich verdient der Roman besondere Aufmerksamkeit, weil das Abenteuer selbst, die Schatzsuche, in Frage gestellt wird. Trotzdem, ersteinmal lässt sich Alexis in den ersten Weltkrieg treiben, bevor seine Abenteuerreise zu einer Reise in seinen inneren Wesenskern führt.

Um Kritik an Kolonialmächten ins Spiel zu bringen, hat Le Clézio u.a. die Kreolin Uma in den Roman gesetzt, eine wunderbare erdgebundene, mit zarten Strichen gezeichnete Frauengestalt, die sich für das Kosarengold nicht die Bohne interessiert. Die Gier der Kolonialherren, ihr Machtmissbrauch gegenüber einheimischer Landarbeiter kommt ihm Roman zum Tragen, schwelt aber eher im Hintergrund, sodass im Roman niemals Überheblichkeiten auftauchen, wie wir sind die Guten, ihr die Bösen, sondern es wird ja gerade die innere Wandlung des weißen Mannes Alexis aufgezeigt, der vor vielen Jahren als kleiner Junge mit seinem schwarzen Freund Denis auf Mauritius herumstreift, mit ihm Kindheitsabenteuer erlebt.

Anhand dieses Romans kann die Begründung des Nobelpreiskomitees nachvollzogen werden, Jean-Marie Gustave Le Clézio sei ein „Verfasser des Aufbruchs, des poetischen Abenteuers und der sinnlichen Ekstase, dem Erforscher einer Menschlichkeit außerhalb und unterhalb der herrschenden Zivilisation«

Bisher mein liebster Le Clézio!!

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Liebe Grüße
mombour
Zuletzt geändert von mombour am 04.12.2009, 17:57, insgesamt 1-mal geändert.
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von Anzeige » 04.12.2009, 16:26

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Beitragvon Krümel » 04.12.2009, 16:38

Ich hänge dir mal ein klasse Cover an, wow sieht das gut aus:

Bild
BildLiebe Grüße,
Krümel



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