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Makine, Andrei - L'amour humain




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Makine, Andrei - L'amour humain

Beitragvon tom » 29.05.2007, 17:39

ZUM INHALT:
Ein russischer Agent/Journalist erzählt das Leben seines Freundes Elias Almeida, eines angolanischen „Berufsrevolutionärs“: von der ohnmächtigen Erfahrung der Unterdrückung und des Leids im heimischen, kolonisierten Angola als Kind, den Begegnungen mit Widerstandskämpfern, nämlich seinem Vater als auch einem Ernesto (Che) in Zaire, der Ausbildung in Kuba und Moskau bis hin zu den Einsätzen vor Ort in Afrika. Prägend für das ganze Leben sind einige Schlüsselerlebnisse und insbesondere die Liebe in einer „unmöglichen Beziehung“ zu einer in Moskau lebenden Sibirierin, Anna.

ZUM AUTOR:
Andreï Makine (* 10.09.1957 in Krasnojarsk, Sibirien) ist ein französischer Schriftsteller. Makine studierte in Twer und Moskau Philologie und lehrte kurze Zeit Philosophie in Novgorod. Nach einer Frankreichreise erhält er hier 1987 politisches Asyl und lebt seitdem in Paris. Er beginnt sehr bald damit auf Französisch zu schreiben, eine Sprache die er aufgrund seiner französischen Großmutter seit seiner Kindheit beherrscht. Berühmt wurde er 1995 mit seinem Roman „Das französische Testament“, für den er den Prix Goncourt und den Prix Médicis erhielt.

EINIGE EINDRÜCKE:
Manchmal erscheint mir das Buch von bezaubernder Einfachheit. Sprachlich und von manchen Grundaussagen her ist das wohl auch der Fall, aber bei näherer Betrachtung entdeckt man im Buch Wechsel der Erzählperspektiven, Rückblenden, Vorwegnahmen etc. Neben einem linear erscheinendem Erzählen des Lebens des Elias gibt es auch das wie konzentrische Wiederauftauchen von Motiven und Bildern an verschiedenen Stellen des „Berichtes“. Anfangs dachte ich an einen Mangel an Feinschliff. Doch in einer schönen Betrachtung gibt er uns auch schon den Beginn einer Antwort: das „Wesentliche“ sind letztlich ein paar Gesten, Begegnungen, Worte etc. aus denen wir leben, zehren. Sie begleiten, uns ein Leben lang.

Auf verschiedenen Ebenen lässt sich die Erzählung lesen:
- Als Vita eines „professionellen Revolutionärs“ und Spions, den wir in seinem Werdegang von der inneren Revolte über die Ausbildung bis hin zum „Einsatz“ begleiten.
- Als Geschichte des angolanischen Befreiungskampfes und Bürgerkrieges
- Als sehr tiefsinnige Auseinandersetzung des Autors mit den Widersprüchen, Grenzen des Kommunismus
- Als Liebesgeschichte sondergleichen... und wohl noch anderes mehr!

Es hat mich fasziniert, wie Makine ohne voreilige und oberflächliche Kritik am kommunistischen System (das er ja selbst erfahren hat!) die Hauptfigur in einer steten Spannung zwischen Idealismus, Treue zur Revolution und andererseits einer Ernüchterung, der Erfahrung der Infragestellung der eigenen Position(en) darstellt. Dabei bewegt Elias ein menschlich-existenzieller Hauptansatzpunkt: Und werden die Menschen nach der Revolution anders miteinander umgehen? (Einander lieben, wird er später hinzufügen?)
Neben recht derben Szenen sowohl sexueller Ausschweifungen als auch von roher Gewalt, stehen Momente größter Zärtlichkeit, tiefen Empfindens. Elias (und die Welt) stehen im Spannungsfeld dazwischen. Bleiben wir dabei auf Dauer Fremde und irgendwie Ausgeschlossene?

:stern::stern::stern::stern:/:stern:

Andrei Makine ist dabei, sich ein wunderbares Werk zu erarbeiten. Ich wünsche ihm viele, viele Leser!!!

Wahrscheinlich dauert es noch bis zur Erscheinung einer deutschen Fassung, deshalb hier also die Rezi zum gerade auf Französisch erschienen Buch. Wenn es sich ergibt, kann man ja später auf eine deutsche Herausgabe hinweisen.

Broché: 294 pages
Editeur : Seuil (5 octobre 2006)
Collection : CADRE ROUGE
Langue : Français
ISBN-10: 2020884267
ISBN-13: 978-2020884266

Link zur französischen Amazonseite: http://www.amazon.fr/Lamour-humain-Andr ... F8&s=books

Bild
tom
 

von Anzeige » 29.05.2007, 17:39

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Beitragvon Salome » 30.05.2007, 05:49

Danke für die Rezi, Tom! :thumleft:
Ich werde ein Auge auf das Erscheinen in Deutschland haben... :wink:
Salome
 



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