Titel: Reality-Show
Originaltitel: Acide sulfurique
Autorin: Amelie Nothomb
Verlag: Diogenes
Erschienen: März 2007
Seitenzahl: 169
ISBN: 3257065779
Preis: 17.90 EUR
Die Autorin:
Amelie Nothomb wurde 1967 in Kobe geboren. Ihre Kindheit verbrachte die Tochter eines belgischen Diplomaten in Japan und China. Sie lebt in Paris und in Brüssel.
Meine Meinung:
Man stelle sich einmal folgendes vor: Ein Fernsehsender verhaftet wahllos Menschen und sperrt diese in ein Konzentrationslager. Dieses Lager ist den Konzentrationslagern des Dritten Reiches nachempfunden. Die Kapos, die Aufseher, werden durch ein besonderes Casting ausgewählt und haben Aufgabe die gefangenen Menschen zu quälen und zu erniedrigen. Die Gefangenen werden den ganzen Tag rund um die Uhr und lückenlos von Kameras begleitet. Die Sendung „Konzentration“ hat riesige Einschaltquoten und ist die erfolgreichste Sendung der Fernsehgeschichte. Die Gefangenen tragen nur noch Nummern, ihre eigene Namen existieren nicht mehr. CKZ 114, ihre Name lautet Pannonica, lässt es auf eine monatelange Kraftprobe mit dem Kapo Zdena ein. Diese versucht die Gunst der Gefangenen mit dem heimlichen Zustecken von Schokolade zu erreichen. Ein Katz- und Mausspiel beginnt. Als die Quoten langsam sinken, kommt man auf die Idee, die Zuschauer per Knopfdruck entscheiden zu lassen, welche zwei Gefangenen täglich das Lager verlassen müssen. Das Lager verlassen müssen bedeutet die Tötung der Gefangenen.
Der Klappentext spricht von einer Satire, von der Lust am Spektakel, über die Lust am Voyeurismus von Publikum und Medien.
Mein erster Gedanke nach dem Zuklappen war: Da hat sich einer bzw. eine aber total übernommen. Normalerweise erwartet man doch von einer Schriftstellerin, dass sie das Thema beherrscht über welches sie schreibt. Nothomb hat vielleicht jetzt immer noch nicht gemerkt worauf sie sich eigentlich eingelassen hat.
Das was sie abliefert ist eine peinliche und absolut miese Nummer!
Hat sie sich eigentlich mal Gedanken gemacht, wie sich die Menschen fühlen, die wirklich in einem Konzentrationslager unvorstellbare Qualen erlitten haben? Wie müssen sich diese Menschen fühlen, wenn der Gegenstand ihres Leides nun Gegenstand einer „Satire“ wurde, die an Dümmlichkeit kaum zu überbieten ist.
Da wollte jemand eine „Anti-Utopie schreiben, der Logik unserer Zeit folgen“ wie es Beigbeder offenbar in einem Zustand der totalen geistigen Inkontinenz ausdrückte. Das was Nothomb hier abliefert ist unausgegoren, und man könnte ihr allenfalls zugute halten, dass es ein unbedachter Schnellschuss einer durchgeknallten Vielschreiberin war.
Wenn man einem solchen Thema nicht gewachsen ist, dann soll man gefälligst die Hände davon lassen, dann soll man sich den Dingen zuwenden, die man kann und man sollte solch brisante Themen, den Autorinnen und Autoren überlassen, die damit umgehen können – Nothomb kann damit nicht umgehen wie sie eindrucksvoll bewiesen hat.
Ist ein solches Szenario als Reality-Show der Zukunft denkbar? Sicher! Aber wenn man darüber schreibt, dann bestimmt nicht als ein perverses Machwerk für Voyeure. Ich staune zudem darüber, dass der von mir ansonsten sehr geschätzte Diogenes-Verlag ein solches Buch in seinem Verlagsprogramm hat.
Der Schluss des Buches wirkt zudem wie eine Verhöhnung der Leser. Ein Happy End ohne Sinn und Verstand, so unwahrscheinlich wie eine Welt ohne Kriege. Als Leser dieses Buches fühle ich mich im wahrsten Sinne des Wortes verar......!
Oder befinde ich mich vielleicht total auf dem Holzwege?
Meine Beurteilung:
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