Jeden Dienstag betreten Regina und Ernst unabhängig voneinander das „Haus Ulmen“, das Altersheim, in dem ihre Elternteile den Lebensabend verbringen.
Reginas Mutter, Frau von Kanter, ist gelähmt, kann sich nur durch Mimiken und Gesten mitteilen, doch ihr Geist ist hellwach. Aus den inneren Monologen dieser alten Frau erfahren wir, dass sie nach wie vor das Leben ihrer alleinstehenden Tochter bestimmen und dominieren möchte.
Ernst besucht seinen Vater, einen einst angesehenen Professor, der an Altersdemenz bzw. Alzheimer leidet. Er kann und will den altersbedingten geistigen und körperlichen Verfall nicht wahrhaben, er verbringt seine Zeit vor dem Schreibtisch, um seine Projekte und Vorträge vorzubereiten. Die Besuche seines Sohnes, den er oft nicht erkennt, sieht er als Störung seines Tagesablaufes. Dennoch, oder gerade deshalb, erscheint mir der Professor als eine der glücklicheren und zufriedeneren Personen im Haus Ulmen.
Die Besuche der beiden Kinder entstehen aus einem Gefühl aus Pflicht, Hilflosigkeit und Scham. Regina wahrt den Schein, mit oberflächlichem Geplänkel und übertriebener Fürsorge versucht sie, ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Insgeheim wünscht sie den Tod der Mutter, betet sogar dafür.
Aufgrund des regelmäßigen Zusammentreffens am Parkplatz entwickelt sich eine Beziehung zwischen Regina und Ernst, die aber eher auf einer „Zweckgemeinschaft“ begründet ist. Das menschliche Unvermögen, Gefühle und Ängste zu- und einzugestehen, offen und ehrlich miteinander zu reden, geben aber auch diesem Verhältnis kaum eine Chance.
Sehr treffend schildert Annette Pehnt in ihrer unvergleichlichen Erzählweise die Lebensumstände im „Haus Ulmen“, die Lethargie der „Immergleichen“, die von einem Besuchstag auf den nächsten leben, die Überforderung des Personals und die Gratwanderung, der die Angehörigen ausgesetzt sind, und hinterlässt dabei einen dicken Kloß im Hals. Der Stil ist wortkarg, nüchtern, unspektakulär und schnörkellos, auf Satzzeichen wird verzichtet. Das Wesentliche, das Ungesagt liest man zwischen den Zeilen des rund 150 Seiten umfassenden Buches.
Absolut empfehlenswert für jedermann, denn dieses Thema wird uns alle früher oder später in direkter oder indirekter Form beschäftigen!