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Aus der Amazon.de-Redaktion
Raymond hält sein Leben für ganz normal. Was ist auch seltsam daran, dass sein Vater die Familie aus Liebe zu einem Banjo verließ, oder seine Oma, die so gar keinen Spaß versteht, nur mit Sartre glücklich geworden wäre? Raymond jedenfalls kann darin nichts Außergewöhnliches erkennen. Bis ihm ein Erlebnis am Rochdale Canal die Augen öffnet.
Raymond Marks, Teenager und Titelfigur in Der Fliegenfänger, hat nicht gerade das erlebt, was man eine gut behütete, glückliche Kindheit nennen könnte. Dennoch ist er bis zu den Ereignissen, die sein Leben verändern, ein normaler Junge einer normalen Familie in einer normalen Stadt.
[url=Der ausschweifende Vater hat die Familie früh verlassen, und so lebt Raymond, der in Jean-Paul Sartre vernarrt ist, allein mit seiner streitsüchtigen Mutter und der Großmutter. Als er einen Jungen vor dem Ertrinken bewahrt, gehört ihm fünfzehn Minuten lang der ganze Ruhm. Bis sich herausstellt, dass Raymond und andere Schulkameraden am nahen Kanal "Fliegen fischen", ein harmloses, von Eltern und Lehrern jedoch tragisch missverstandenes Spiel.
Auf Vorschlag seines verachteten Onkels Jason wird Raymond in den "Gulag Grimsby" verbannt. Dort verarbeitet Raymond die erduldeten Schmähungen und Verleumdungen in einer Reihe von Briefen an sein Idol Morrissey, den ehemaligen Star der Band "The Smiths". Mit der Zeit stellt er fest, dass es "einemillionprozentig in Ordnung ist, nicht normal zu sein".
Mit diesen Briefen gewinnt Raymond das Herz des Lesers -- und das ist dem Autor Willy Russell zu verdanken. Er versteht es, banale und tragische Beschreibungen und Situationen so nah an die Grenze des Karikaturistischen zu bringen, dass sie zuweilen komisch wirken -- ohne den jeweiligen Ernst der Situation ins Lächerliche zu ziehen. Jedoch wird die Art und Weise, wie Russell dem Leser seine Hauptfigur nahe bringt, nicht jedermanns Sache sein. Dem einen oder anderen mag es zu intim sein, erfährt man doch alles über Raymond Marks aus seinen zutiefst persönlichen Briefen -- es gibt keine Distanz. Anrührend, spannend und lesenswert ist dieses Debüt jedoch auf jeden Fall.
Zum Autor:
Willy Russell ist bestimmt einigen aus ihrem Englischunterricht ein Begriff. Er ist Autor von "Educating Rita" (ebenfalls sehr empfehlenswert!) und "Shirley Valentine".
Der Autor wurde 1947 in der Nähe von Liverpool als Sohn eines Arbeiters geboren. Nachdem er mit 15 Jahren die Schule verließ, wurde er Friseur. Ein Beruf, den er für sechs Jahre beibehielt. Anschließend schlug er sich mit Gelegenheitsjobs durch. Er schrieb erste Folksongs und kleine Beiträge für das lokale Radio.
Später holte er seinen Collegeabschluss nach, unterrichtete an einer Schule in Toxham und konzentrierte sich später auf seine Schriftstellerei.
2000 erschien sein erster Roman "The wrong boy" (auf deutsch: "Der Fliegenfänger").
Mehr zum Autoren findet ihr auf seiner Homepage: Willy Russell.
Meine Meinung zu dem Buch:
Insgesamt hat mir das Buch sehr gut gefallen. Der Grundton ist melancholisch, die Erlebnisse von Raymond Marks herzergreifend traurig (in diesem Zusammenhang kann man sogar von tragisch sprechen), sein persönliches Umfeld macht den Leser wütend und die Briefe, die er schreibt sind einfach rührend.
Morrissey - der Sänger der Kultband "The Smiths" - ist Raymonds Idol. Dessen Weltschmerz, Unsicherheit und Introvertiertheit sprechen Raymonds Lebensgefühl an und so sinniert er, dass Morrissey der eine Mensch auf Erden sei, der ihn verstehen kann. Er gibt sich keinen Illusionen hin, dass Morrissey seine Briefe jemals liest (ja, er ist sich nichtmal sicher, ob er ihm seine Brief jemals zusenden wird), doch das Gefühl, sich jemandem zu offenbaren, der ihm wirklich zuhört, lässt Raymond durchatmen.
Beginnend mit dem unseligen Tag des "Fliegenfischens" geht Raymonds Leben ständig bergab. Zwischenzeitlich denkt man, kann es sein, dass einer Person soviel schlechtes passiert?! Aber nach der beendeten Lektüre weiß man, dass alles so sein musste...
Ich musste häufiger Pausen zwischendrin machen, um alles zu verarbeiten, aber gerade deshalb ist das Buch mir so ans Herz gewachsen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass dies auch ein Buch für Teenager ab 15 Jahren ist, obwohl als Zielgruppe Erwachsene angesprochen werden.
Meine Empfehlung:
"And if you have five seconds to spare
I'll tell you the story of my life:
Sixteen clumsy and shy
I went London and I..."
(Morrissey "Half a person" - einleitendes Zitat im Buch)
Schnappt euch eure "The Smiths"-CDs (MCs oder Platten), VIELE Taschentücher und eine beruhigende Tasse Tee (oder Schokolade...oder besser beides!) und lest los! Das Buch wird euch nicht mehr loslassen!