Krümels-Bücherwelt ...

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Shalev, Meir - Der Junge und die Taube




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Shalev, Meir - Der Junge und die Taube

Beitragvon dubh » 06.02.2008, 19:04

Meir Shalev, Der Junge und die Taube
(Diogenes Verlag, September 2007)
ISBN 978-3-257-06608-1
496 Seiten; € 22.90 (in Leinen gebunden)
Originaltitel: "Jona we-Na'ar"



Zum Autoren (von www.diogenes.ch):

Geboren am 29.7.1948 in Nahalal (Israel). Meir Shalevs Mutter war mit ihm schwanger, als der Staat Israel gegründet wurde. Neunzehn Jahre alt waren er und sein Land, als er in den Sechstagekrieg zog. Auf einem Patrouillengang wurde er von vier Kugeln getroffen – ein Versehen der eigenen Leute. Gleichwohl Zionist und Zyniker, setzte Meir Shalev sich nach dem Krieg für die Rückgabe der besetzten Gebiete ein und schrieb mit Ein Russischer Roman seinem Land und dessen Siedlern eine Liebeserklärung. Für seinen Erstling hatte er eine zwölfjährige Karriere als populärer Fernsehmoderator aufgegeben und heimste von ungewöhnlichster Seite Lob ein: Er erhielt den Großen Preis der israelischen Insektenforscher für die Genauigkeit seiner Nachforschungen, die auch allerlei kreuchendes und fleuchendes Getier umfassten. Kein Wunder, denn Meir Shalev verpaßt es in keiner fremden Stadt, den Zoo zu besuchen.

Zum Buch (Klappentext):

Ein Junge namens Baby wächst ohne Eltern in einem Kibbuz auf und interessiert sich brennend für Brieftauben. Er ahnt nicht, daß ihm neun Jahre später das Wissen über diese Brieftauben von großem Nutzen sein wird, um den sehnlichsten Wunsch seiner Geliebten zu erfüllen.
Viele Jahre später: Ein Haus für sich allein will der Touristenführer und Vogelkundler Jair. Denn seit es in Israel nicht mehr viele Touristen durch das Land zu führen gibt, denen man die Schönheiten der Flora und Faune zeigen kann, steht Jair auf der Lohnliste seiner amerikanischen Frau Liora, die ein Immobiliengeschäft betreibt und ihm jeden Wunsch von den Augen abliest. Und welcher Mann hält das schon aus?
Die Geschichte einer alten Liebe, die eine neue wurde, dann zu verlöschen drohte - und doch siegte.

Meine Meinung:

Was für ein ungewöhnlicher Roman! Meir Shalev hat eine unglaubliche Begabung für Betrachtungen. Betrachtungen einzelner, völlig unterschiedlicher Menschen, aber auch Betrachtungen von schwierigen Zeiten und Umständen.
Und so berichtet er bei Die Junge und die Taube über eine handvoll Menschen, die miteinander verbunden sind - sowohl durch Raum als auch durch die Zeit - und zeichnet ein präzises Bild vom Leben in den ersten Jahren Israels als auch der heutigen - ebenfalls nicht einfachen - Zeit.
Vielschichtig sind die Ebenen auf denen sich die Handlung abspielt: einerseits erlebt man Jair in der Jetztzeit als er einen alten Amerikaner kennenlernt, der - wie sich schnell herausstellt - ein ehemaliger Palmach-Kämpfer ist und die Schlüsselfigur des Romans, das Baby, gekannt hatte; andererseits wird aus Babys Sicht erzählt, ebenso wie aus der seiner Geliebten und letztlich wird noch Jairs weitere Entwicklung, seine Freundschaften und Familienbindungen geschildert. Doch alle Blickwinkel verdichten sich bis sie sich schlußendlich perfekt zusammenfügen...
An dieser Stelle würde ich gerne mehr über die eigentliche Handlung schreiben, aber sicherlich würde dies einiges vom Lesegenuß vorwegnehmen - deshalb lasse ich es. Nur soviel: die beiden wichtigen Handlungsstränge - einmal der rund um das Baby zur Zeit der Staatsgründung und einmal der rund um Jair mit all seinen Träumen und Hoffnungen - sind sehr bewegend und vor allen Dingen habe ich noch nie etwas vergleichbares gelesen! Jair wird so gefühlvoll beschrieben, dass man seine Sehnsüchte hundertprozentig nachvollziehen kann, ja, teilweise selbst solch geartete Gedanken bekommt. Bei der Geschichte rund um das Baby lernt man schnell wieviele Entbehrungen die damalige Zeit verlangt hat und auch, dass eine schöne Jugend trotzdem möglich war. Das Baby schafft es mit viel Fleiß und Einsatzwillen sogar, sich seinen großen Traum - die Taubenzucht - zu ermöglichen; auch wenn ihm eben diese Leidenschaft später zum Verhängnis wird...

Fazit: Ein beeindruckendes Buch, in dem unendlich viel Zwischenmenschliches, zahlreiche Träume und auch Mut zwischen den Zeilen mitschwingt und außerdem eine wahnsinnig detailgetreue Beobachtungsgabe des Autors deutlich wird.
Noch nicht einmal die genauen Beschreibungen über homing pidgeons (Brieftauben), deren "Abrichtung" und Zucht schmälern hier das Lesevergügen...

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

Bild

Liebe Grüße
dubh

PS. Auf wolves Meinung bin ich natürlich jetzt auch gespannt - nachdem ich gesehen habe, dass Du das gerade liest!
dubh
 

von Anzeige » 06.02.2008, 19:04

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Beitragvon Voltaire » 06.02.2008, 19:34

Kaum habe ich diese Rezi gelesen - schon steht das Buch auch schon auf meinem Wunschzettel. Das kann ja noch heiter werden..... :D

.....wenn das so weitergeht dann leidet mein Konto wohl bald unter Magersucht. :D

Herzlichen Dank für diese aufschlußreiche Rezi.
Voltaire
 

Beitragvon Pippilotta » 06.02.2008, 20:35

Dieses Buch muss ich aufgrund des Covers schon lesen! Dieses Bild begleitete mich durch meine Kindheit. Ich hatte gemeinsam mit meinem Bruder ein paar Jahre lang (bis zum Schuleintritt) im Vorraum des Schlafzimmers meiner Eltern. Und dort hing neben dem Lichtschalter dieses Bild. Ich hatte es eigentlich schon vergessen, doch mit Erscheinen dieses Buches habe ich mich daran erinnert und bin richtig sentimental geworden .... :oops:
Gibt es eigentlich im Buch einen Hinweis darauf, von wem dieses Bild ist?
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon dubh » 06.02.2008, 20:40

Pippilotta hat geschrieben:Gibt es eigentlich im Buch einen Hinweis darauf, von wem dieses Bild ist?


Ja, von Pablo Picasso ("L´enfant au pigeon"). Diogenes macht herrliche Umschlagsgestaltung, wie ich finde.

@Voltaire: Dankeschön! :oops: Ich freu mich immer riesig, wenn ich jemand zum Lesen eines solchen Buches bewegen kann...

Liebe Grüße
dubh

PS. Off-Topic, ich weiß, aber wie füge ich ein Bild ein?
Zuletzt geändert von dubh am 06.02.2008, 20:42, insgesamt 1-mal geändert.
dubh
 

Beitragvon Pippilotta » 06.02.2008, 20:42

oh, Danke! Ein Picasso! Aber es war wohl nicht das Original .... :mrgreen: Muss mich direkt mal in meinem Elternhaus auf die Suche machen nach diesem Bild .....
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon wolves » 07.02.2008, 09:16

Ich kann schon schreiben, dass das Buch ein echter Lesegenuß ist. Es ist unglaublich faszinierend wie Shalev alle Fäden der unterschiedlichen Handlungsebenen miteinander verbindet, ohne den Überblick zu verlieren. Und allein schon wie er z.B. Jair darstellt, dass man (das hast du sehr treffend geschrieben @dubh) seine Sehnsüchte, Wünsche und Träume ohne Probleme nachvollziehen, ja fast schon selbst verspüren kann.

Ich bin jetzt im letzten Drittel des Buches und wünsch mir fast schon, dass es gar nicht mehr aufhören würde.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon wolves » 08.02.2008, 13:58

Gerade eben habe ich den Roman (leider) beendet. Im Grunde kann ich dubhs herrlicher Rezi eigentlich nichts mehr hinzufügen. Wenn man diese Geschichte mit einem Lied vergleichen möchte, dann klingen die Akkorde in mir noch nach :love:
Sogar das Haus indem ich lebe, sehe ich ein klein wenig mit anderen Augen wie vorher. Fast möchte ich "Schalom" rufen, wenn ich heimkomme. Dubh versteht was ich meine :wink:
So ein Platz indem man sich wohlfühlt und zu dem man immer wieder zurückkehrt. Wie die Tauben im Schlag.

Nur eines habe ich nicht ganz verstanden. @dubh wie hast du das aufgefaßt?

Warum hat Jair am Schluss die Taube umgebracht? Die Handlung hatte etwas sehr symbolhaftes, nur komme ich nicht darauf, was es zu bedeuten hat.



Ich hatte ja auch erst befürchtet, dass mich die genauen Beschreibungen der Brieftauben langweilen könnten, aber genau das Gegenteil war der Fall. Das hat Shalev wirklich gut gemacht.
Shalev versteht sein Handwerk als Autor wirklich. "Ein russischer Roman" wartet noch darauf von mir gelesen zu werden. Und ich schau mich mal noch nach seinen anderen Büchern um. "Fontanelle" könnte mich interessieren.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon dubh » 10.02.2008, 21:21

wolves hat geschrieben:Nur eines habe ich nicht ganz verstanden. @dubh wie hast du das aufgefaßt?

Warum hat Jair am Schluss die Taube umgebracht? Die Handlung hatte etwas sehr symbolhaftes, nur komme ich nicht darauf, was es zu bedeuten hat.


Hallo wolves,

sorry, aber das kann ich momentan nicht beantworten. :oops: Die Lektüre liegt doch ein wenig zurück und mein Buch ist zu allem Elend auch noch verliehen...
Ich melde mich aber, sobald ich die Stelle nochmal gelesen habe, okay?

Liebe Grüße
dubh
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Beitragvon wolves » 11.02.2008, 07:48

Hallo dubh,

kein Problem :D Ich bin schon mal neugierig, wie du das ganze dann interpretieren wirst.
Ich habe immer noch keinen blassen Schimmer. :oops:
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon alwin03 » 11.02.2008, 08:27

Hat sich grad auf meinen Amazon-Wunschzettel eingenistet (um in der Taubensprache zu bleiben) :wink:
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


wENN nUr meinE sCHleChte recht(s)SchreIbunG nICHT wÄr :cry:
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Beitragvon Katia » 10.03.2008, 21:20

All dem Lob mag ich mich nur anschließen - ein wunderbarer Roman. In einem märchenhaften Ton wird die Geschichte Babys und des Mädchens erzählt,
auch wenn mir das Ende, der letzte Flug von Babys Taube mit besonderer Last ein bisschen zu kitschig/unrealistisch war

der Leser kann ganz in die Geschichte abtauchen. Doch bei allem Erzählen und schöner Sprache hat Shalev auch etwas zu sagen: an vielen Stellen hat mich die Heimatsehnsucht der Juden in ihrem bedrohten Land sehr bedrückt, der Autor stellt seine Geschichte in einen großen historischen Kontext. Das hat mich sehr beeindruckt, auch wenn ich mich an Einzelheiten der Handlung gerieben habe, bleibt das große Ganze doch stimmig, nachdenklich stimmend, Mut machend.
Romane mit zwei (oder mehr) Handlungssträngen zählen ohnehin zu meinen Lieblingen, und dieser auch! Ein Highlight!

Um so mehr freue ich mich, dass mit "Judiths Liebe" noch ein Roman von ihm in meinem SUB schlummert!

@Wolves (und dubh):
Über die Taube habe ich auch nachgedacht: Ich glaube, sie ist ein Symbol für seine Herkunft, seine Vergangenheit. Jair, so habe ich das verstanden, möchte eigentlich lieber ein Sohn Jakobs sein, blond, groß, schön sein, wie die anderen in der Familie, gerade auch Benjamin.
Nach dem Tod der Taube taucht der Kranich auf - das Symbol Lioras, auch groß, blond, schön - und er startet einen weiteren Versuch mit ihr.
Das ist übrigens der Punkt, wo ich mich wirklich schwer tat, die beiden zu verstehen: was bitte hält die beiden in dieser bedrückenden Ehe? Jair will den Wunsch seiner Mutter erfüllen (sie hat Liora "ausgesucht"), er ist auf ihr Geld halbwegs angewiesen, aber verstehen kann ich das nicht wirklich. Und Liora auch nicht, bei ihr ist es wohl eher Konvention und die Tatsache, dass sie auch ohne Liebe klar kommt. Oder wie seht Ihr das?



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Beitragvon wolves » 11.03.2008, 09:51

Ich werde meine Antwort auch spoilern. Wer das Buch vielleicht mal liest, wird verstehen warum.
Die besondere "Last" der Taube von Baby fand ich auch ziemlich unrealistisch und habe es eher symbolisch gesehen. Der menschliche Samen kann meines Wissens niemals einen so langen Flug überdauern.
Allerdings muss ich ehrlich sagen, dass mir dieser letzte Flug der Taube schon gefallen hatte. Der sterbende junge Mann, der noch einmal eine Nachricht an seine Freundin sendet. Vielleicht mag man es kitschig nennen, aber ich fand es irgendwie ans Herzen gehend.
Wenn ich so überlege, in diesem Krieg sind sehr viele Menschen gestorben. Wieviel Hoffnung auf die Zukunft wurde da mit einem Schlag zunichte gemacht. :-(


Katia hat geschrieben:@Wolves (und dubh):
Über die Taube habe ich auch nachgedacht: Ich glaube, sie ist ein Symbol für seine Herkunft, seine Vergangenheit. Jair, so habe ich das verstanden, möchte eigentlich lieber ein Sohn Jakobs sein, blond, groß, schön sein, wie die anderen in der Familie, gerade auch Benjamin.
Nach dem Tod der Taube taucht der Kranich auf - das Symbol Lioras, auch groß, blond, schön - und er startet einen weiteren Versuch mit ihr.




So habe ich das nicht gesehen. Das wäre eine Erklärung dafür!

Katia hat geschrieben:@Wolves (und dubh):

Das ist übrigens der Punkt, wo ich mich wirklich schwer tat, die beiden zu verstehen: was bitte hält die beiden in dieser bedrückenden Ehe? Jair will den Wunsch seiner Mutter erfüllen (sie hat Liora "ausgesucht"), er ist auf ihr Geld halbwegs angewiesen, aber verstehen kann ich das nicht wirklich. Und Liora auch nicht, bei ihr ist es wohl eher Konvention und die Tatsache, dass sie auch ohne Liebe klar kommt. Oder wie seht Ihr das?


Das konnte ich allerdings auch überhaupt nicht nachvollziehen. Und da habe ich mich dran gerieben. Er schien doch glücklich (oh je, mein Namensgedächtnis) mit seiner Geliebten zu sein. Wie füreinander geschaffen. Und dann kehrt er wieder zu seiner Frau zurück? Und doch hatte ich den Eindruck, dass die beiden wieder Liebe und Zuneigung verbindet. Ziemlich widersprüchlich, nicht wahr?


Bei "Judiths Liebe" wünsche ich dir noch viel Freude beim lesen. :D
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Nerolaan » 07.06.2008, 20:56

Die Lebensgeschichte zweier Menschen

Jair lebt in Tel Aviv und ist Touristenführer und ist vorallem darauf spezialisiert Ornitologen durch das Land zu begeiten. Seine Ehe verläuft alles andere als zufriedenstellend und so verwundert es wenig, dass Jair von dem Geld das ihm seine Mutter auf dem Sterbebett hinterlässt auch wie von ihr gewollt in einer abgelegenden Gegend ein Haus kauft und von seiner Jugendfreundin Tirza renovieren lässt.

Jahre zuvor im Unhabhängigkeitskrieg: der 19 jährige Taubenzüchter 'Baby' wird zur Palmach berufen und soll mit ihr in ein Kampfgebiet ziehen. Er lässt sein geliebtest 'Mädchen' zurück und nimmt nur ein paar seiner geliebten Tauben mit und ahnt noch nicht, dass es eine Taube sein wird und nicht er, die seinem Mädchen das vielleicht schönste Geschenk auf Erden überbringen wird.

Eine unglaubliche Geschichte!
Shalev erzählt mit viel Feingefühl die Geschichte von zwei Männer und zeigt dabei eine unglaubliche Gabe auch kleinste Details genau wieder zu geben.
Dabei zeichnet der Autor in seinem Roman Der Junge und die Taube vielschichtige Figuren, die von ihrem Hoffnungen, Wünschen und Ängsten angetrieben werden und versuchen sich in schwierigen Zeiten zurecht zufinden und alle sind auf die ein oder andere Weise mit einander verbunden.
Erzählt wird dabei hauptsächlich aus der Sicht von 'Baby' und Jair und Shalev zieht in seiner Erzählung die Verbindung der beiden Handlungsstränge bis zum Ende langsam, aber doch kontinuierlich zu. Am Ende ist ein ganzes Bild entstanden, dass wenig zu wünschen übriglässt.
Der Autor erzählt die Geschichte mit einer unglaublich präzisen Sprache, die zwischenzeitlich an ein Märchen erinnert und den Leser in den Band des Buches zieht und ihn ohne Holper von Seite zu Seite trägt. Jedes einzelne Wort hat sich Shalev gut überlegt.

Trotz all der Schwärmerei noch zwei kleine Kritikpunkte:
Taube auf English heißt „pigeon“ und nicht „pidgeon“; kleiner Rechtschreibfehler, bei dem sich aber die Zehennägel als Anglistin aufstellten; und erst recht, wenn man überlegt, dass Shalev sehr gut über Brieftauben recherchiert hat und dann ausgerechnet die englische Bezeichnung falsch geschrieben wird. Ich hoffe, der Fehler ist dem Übersetzer passiert!
Jair und seine Frau Liora führen keine glückliche Ehe, versuchen, sich aus dem Weg zu gehen. Wieso trennen sie sich nicht? Denn immerhin scheinen beide nur bedingt von einander abhängig zu sein. Shalev hätte hier einfach noch ein bisschen ausführlicher darauf eingehen müssen, warum beide dennoch an ihrer Ehe festhalten. Dies erschloss sich bis zum Schluss nicht.

Alles in allem aber ein wunderbares Buch! Shalev habe ich nicht zum letzten Mal gelesen....

:stern: :stern: :stern: :stern:

Und nochmals danke, wolves, dass du das Buch zur Verfügung gestellt hast! :-)
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Beitragvon Krümel » 07.06.2008, 21:06

Ich nehme diese Rezi ins Blog auf, okay?
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Nerolaan » 07.06.2008, 23:23

Wenn du magst! :-)
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