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Lange-Müller, Katja - Böse Schafe




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Lange-Müller, Katja - Böse Schafe

Beitragvon Voltaire » 19.10.2007, 08:08

Titel: Böse Schafe
Autorin: Katja Lange-Müller
Verlag: Kiepenheuer und Witsch
Erschienen: August 2007
Seitenzahl: 208
ISBN-10: 3462039148
ISBN-13: 978-3462039146
Preis: 16.90 EUR


Man stelle sich einmal vor, man hat 17.50 EUR in der Tasche und möchte dieses Geld gern für eine lohnende Sache ausgeben. Einen Vorschlag hätte ich dazu. Man suche den nächsten Buchladen auf, verlange das Buch „Böse Schafe“, lege 16.90 EUR auf den Tisch (wer mitgerechnet hat, der wird bemerkt haben, dass noch weitere 0.60 EUR verfügbar sind), nehme das Buch und verlasse den Laden und suche sich ein gemütliches Leseplätzchen.

Katja Lange-Müller erzählt in der Ich-Form die Geschichte von Soja und Harry. Allerdings brauchte sie viele Jahre, bevor sie (Soja) diese Geschichte erzählen konnte. Harry kommt nach 10 Jahren aus dem Gefängnis auf Bewährung heraus. Wegen eines Raubüberfalls hatte er einsitzen müssen. Einmal draußen, hat er nichts Besseres zu tun als seine Bewährungsauflagen zu verletzen und die begonnene Drogentherapie abzubrechen. Da lernt er Soja kennen, die sofort eine Therapie für Harry organisiert und dafür sorgt, dass er während dieser Zeit eine lückenlose Begleitung durch ihre Bekannten erhält.

Geblieben von ihrer Zeit mit Harry ist ihr nichts weiter als ein Schulheft. In dieses Schulheft hat Harry die Dinge eingetragen, die ihn während der Zeit mit Soja beschäftigten. Nur kommt Soja in diesem Schulheft mit keinem Wort vor.

Katja Lange-Müller hat einen sehr intensiven Roman geschrieben. Bemerkenswert ist die manchmal fast schon fatalistisch anmutende Schilderung von Gefühlen. Vieles wirkt auf den Leser irritierend, macht das Buch aber nicht zuletzt auch dadurch zu einem fast schon besonderen Leseerlebnis. Katja Lange-Müller bewahrt in der Person der Ich-Erzählerin Soja eigentlich immer eine gewisse Distanz zu ihren handelnden Personen. Soja erzählt manchmal so, als würde sie nicht teilhaben, sondern allenfalls nur beobachten.

Behält man dieses Buch nun in Erinnerung? Keine Ahnung! Diese Frage werde ich wohl erst in etwa einem Jahr beantworten können. Hervorzuheben ist noch, dass es keiner dieser fürchterlichen „Betroffenheitsromane“ ist, keines dieser Bücher, wo eigene Erfahrungen unter dem Motto „…mir geht es ja so schlecht…“ auf peinliche Art und Weise nur unzureichend verarbeitet werden. „Böse Schafe“ ist ein lesenswertes Buch, eigentlich eine kleine Verbeugung vor einer fatalistischen Welt.

Ach ja, fast hätte ich es vergessen: Mit den noch übriggebliebenen 60 Cents kann man ja vielleicht den Grundstock für den Erwerb eines weiteren Buches anlegen…..

Meine Bewertung:
:stern: :stern: :stern: :stern: ( :stern: )

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Voltaire
 

von Anzeige » 19.10.2007, 08:08

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Beitragvon Krümel » 19.10.2007, 09:21

Oh danke Voltaire :D Das kommt dann gleich ins Blog :thumleft:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Coco » 19.10.2007, 09:38

Um dieses Buch schleiche ich schon seit ich davon gehört habe herum. Bislang hielt mich der Preis zurück - aber ich denke, ich werde irgendwie zu den 17,50 € kommen :?:

Dann kaufe ich mir das Buch für 16,90 €, bleiben 60 Cents - ein wenig "Schnorren" in der Innenstadt (habense ma bisse Kleingeld ?) :cry: und es reicht für einen Kaffee zur neuen Lektüre :mrgreen:

Danke für die Rezi, Voltaire :D
Liebe Grüsse
Coco

-----------

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Beitragvon Pippilotta » 19.10.2007, 12:11

Überzeugt! :wink:
Herzliche Grüße
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Beitragvon Pippilotta » 22.10.2007, 19:00

Das Buch wurde in der letzten Ausgabe des Literaturclubs besprochen und kam eigentlich bei allen recht gut weg.

Es wurde v.a. betont, dass die Zeit, in der es spielt - Westberlin Mitte bis späte 80iger, vor der Wende - recht authentisch geschildert wird und kann deshalb auch als Stück "Zeitgeschichte" gesehen werden. Glaublich gibt es nur sehr wenige Bücher, in denen sich dieses Jahrzehnt niederschlägt.
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Beitragvon Krümel » 23.10.2007, 10:22

Mich interessiert die Thematik überhaupt nicht, deshalb werde ich es nicht lesen :wink:
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon Katia » 26.10.2007, 21:05

Ich hatte es letzte Woche auch schon in der Hand - jetzt bin ich endgültig überzeugt. (Ich mag Schafe ja sowieso, sogar böse :wink:)

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Beitragvon Pippilotta » 12.04.2008, 22:04

Vorab schicke ich nochmals einen lieben Gruß an Wirbelwind, die mir dieses Buch anlässlich des Weihnachtswichteln 2007 geschenkt hat! :danke:

Es handelt sich hierbei um eine etwas unkonventionelle Liebesgeschichte im Hintergrund der 80er Jahre in Deutschland. Die nicht mehr ganz junge Soja verliebt sich - entgegen allen Gründen der Vernunft - heillos in den drogenabhängigen, vorbestraften und insgesamt gestrandeten Harry. Obwohl ihre Gefühle nur bedingt erwidert werden setzt sie ihr ganzes Lebend dafür ein, Harry zu helfen.
Anhand der Tagebuchaufzeichnungen des mittlerweile verstorbenen Harry lässt Soja diese hoffnungslose Beziehung Revue passieren. Sie stellt fest, das sie mit keinem Wort in diesem Tagebuch erwähnt wird und schließt diese Lücke mit ihren eigenen Erzählungen.
Diese Erinnerungen sind voller Melancholie, sehr verstörend und doch irgendwie optimistisch. Obwohl der Rahmen der Story nur so nach "Klischee" schreit, ist dieses Buch an keiner Stelle kitschig oder sentimental, im Gegenteil.
Ein sehr, sehr lesenswertes Buch, auch für solche, die ansich keine "Liebesgeschichten" lesen (so wie ich).

:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:
Herzliche Grüße
Pippilotta


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Re: Lange-Müller, Katja - Böse Schafe

Beitragvon Katia » 29.10.2011, 15:59

Da Martin das Buch besitzt, kam es für 0 € auf meinen SUB Die 17 € habe ich gut in andere Bücher investiert :-)
Nach etwa einem Drittel bin ich mir schon relativ sicher, dass ich mit ein, zwei Sternchen weniger enden werde als ihr. Warum? Die Geschichte interessiert mich nicht besonders und die Sprache lässt kaum einen Fluss aufkommen. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass mir als Süddeutscher das Präteritum fremd in den Ohren (Augen?) klingt, besonders wenn es wir hier mit der 2. Person Singular kombiniert wird. "Du hieltest, mochtest, konntest" lässt mich immer wieder leicht stutzen.
Gut gelungen - wie Pippi schon schrieb - ist die Darstellung des "gerade noch" geteilten Berlins, in dem sich die Ostberlinerin Soja immer noch etwas fremd im Westteil bewegt.
Mal schauen, vielleicht kann's mich ja doch noch überzeugen....

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