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Oe, Kenzaburo - Der stumme Schrei




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

Oe, Kenzaburo - Der stumme Schrei

Beitragvon leseratte4 » 29.01.2007, 19:50

Kurz aus dem Klappentext entnommen:
Kenzaburo Oe`s Roman "Die Brüder Nedokoro" 1968 erschienen und mit dem Tanizaki-Preis ausgezeichnet, wird in den USA als "das gewaltigste Werk von Japans erstem wahrhaft modernen Schrifsteller" angesehen.

Zwei Brüder kehren gemeinsam mit der Ehefrau des älteren und den "Anhängern" des jüngeren 1963 in das Dorf ihrer Kindheit zurück um persönliche Probleme zu verarbeiten. Doch dort finden sie nicht die erhoffte Harmonie. Das Tal wird von einer Lebensmittelkette beherrscht, dessen Besitzer von allen nur "Der Kaiser" genannt, Koreaner ist. Auf Grund seiner Erfahrungen bei Demonstrationen 1960 gegen den wachsenden amerikanischen Einfluß in Tokyo, versucht der jüngere Bruder den Dorfbewohnern zu helfen. Helfen soll vor allen Dingen die Geschichte: Bereits der Bruder seines Ur-Großvaters führte 1860 eine Bauernrevolte an. Doch dier Ereignisse verlaufen dramatisch.

Mich wunderte vor allem als wie untypisch "japanisch" ich das Buch im ersten Drittel empfand. Ich konnte mir gut vorstellen, daß solche Probleme in jedem kleineren oder abgeschiedenen Dorf in Deutschland passieren könnten. Kennt jemand von Euch das Buch "Unter den Dolomiten" von Telmann? Genau daran fühlte ich mich anfangs erinnert.
Ich vermute, jedes Dorf auf der Welt, das mit der Moderne kämpft, hat ähnliche Probleme. Die Handlungsweise der Menschen hatte natürlich keineswegs etwas mit unserer zu tun. Nicht nur das "hier und jetzt" zählt, sondern auch die Vergangenheit und vor allen Dingen die Ahnen. Auf sie muss man Stolz sein können.

:stern: :stern: :stern: :stern:

Viele Grüße
Leseratte
leseratte4
 

von Anzeige » 29.01.2007, 19:50

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Beitragvon Nerolaan » 25.10.2008, 19:06

Die Brüder Mitsu und Takashi kehren in ihr Heimatdorf zurück, dass abgeschieden hinter einem Wald liegt. Mitsu wird von seiner Frau Natsumi begleitet und Takashi von Bewunderern.
Beide Brüder scheint nur die gemeinsame Mutter zu verbinden, denn beide verfolgen völlig unterschiedliche Lebensansichten.
So bleibt es nicht aus dass beide immer wieder in Streit miteinander geraten und sich immer weiter von einander entfernen, als Takashi einen Aufstand im Dorf anzettelt.

Ich habe lange gebraucht um dieses 340 Seiten starke Werk des japanischen Nobelpreisträgers Kenzaburo Oe zu lesen und habe das Buch anfangs doch sehr enttäuscht beiseite gelegt.
Der stumme Schrei wird von einigen Rezensenten als ein Werk bezeichnet, dass Japan im Umbruch nach dem zweiten Weltkrieg zeigt und das Gesellschaftsbild kritisch reflektiert.
Ja, stimmt, aber wer denkt – so wie ich – dass er bei der Lektüre etwas über Japan lernt wird enttäuscht werden.
Die beschrieben Probleme sind nicht „japanspezifisch“, sondern lassen sich eins zu ein in jedes beliebige Fleckchen der Erde übertragen. Denn jedes Dorf in dem Traditionen eine wichtige Rolle spielen, dürfte Probleme haben die Moderne zu akzeptieren und diese in das alltägliche Leben zu integrieren. Das selbe trifft auf den Konflikt zwischen den beiden Brüdern Mitsu und Takashi zu: dort wo zwei unterschiedliche Lebensweisen auf einander treffen und keiner bereit ist die jeweils andere zu akzeptieren, werden Konflikte entstehen.
Insofern sollte man sich dringend von dem Gedanken ein Buch zu lesen, dass einem Japan als Land näher bringt dringend loslösen.

Und trotzdem ist das Buch wirklich lesenswert, wenn man Oe als zeitgenössischen Autor betrachtet, der in Japan die selbe Bedeutung haben dürfte wie ein Heinrich Böll oder Günter Grass für die deutsche Gegenwartsliteratur.

Oe zeichnet in seinem Roman Der stumme Schrei ein Bild der komplizierten und oft bizarren Psyche des Menschen und zeigt Schwächen der Gesellschaft. Dabei greift er immer wieder auf skurril anmutende durchaus metaphorische Bilder zurück.
Zugleich skurill, amüsant und oft auch fast abstoßend erzählt Oe seine Geschichte und zeigt oft genug dass er eine Auge für das Detail hat und dieses auch sprachlich hervorragend umsetzen kann.

Oe ist ein durchaus interessanter Autor und ich bin davon überzeugt, dass es sich lohnen wird weitere Bücher des Autors zu lesen.
Man sollte sich nur dringend von dem Gedanken loslösen durch Oe´s Bücher Japan als Land und seine Kultur kennen zu lernen. Oe ist ein Gegenwartsautor, der seine Geschichten in seiner Heimat spielen lässt.

:stern: :stern: :stern: / :stern:

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Beitragvon Krümel » 26.10.2008, 11:09

So, Rezi komm nun ins Blog.
Ich habe diesen Fred zunächst einmal in Zeitgenossen hinein gesetzt, und im Index als stummer Schrei geändert. Denn mir ist das Buch so bekannter!

Andere Frage:
Du hast auch diese Ausgabe gelesen? Wer hat die Übersetzung gemacht, wie heißt der OT? Gibt Amazon wieder nicht her :?
BildLiebe Grüße,
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Beitragvon Nerolaan » 26.10.2008, 11:28

Ja, ich habe die Ausgabe die ich verlinkt habe gelesen.

Originaltitel: Man-en-gannen no futtoboru
Übersetzer: aus dem Englischen vom Rainer und Ingrid Rönsch;Verglichen mit der japanischen Ausgabe und durchgesehen von Siegfried Schaarschmidt

Wie sooft bei japanischen / chenesischen Bücher eine Übersetzung aus dem Englischen.
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Beitragvon Krümel » 26.10.2008, 12:40

Danke! Dann werde ich diese Angaben ergänzen.
BildLiebe Grüße,
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