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Zweig, Stefan - Schachnovelle




Zweig, Stefan - Schachnovelle

Beitragvon alwin03 » 09.12.2007, 19:28

Titel: Schachnovelle
Autor: Zweig Stefan
Taschenbuch: 110 Seiten
Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt; Auflage: 57., Aufl. (1974)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3596215226
ISBN-13: 978-3596215225
Preis: 5,95 EUR


Kurzbeschreibung

Auf einem Passagierdampfer, der von New York nach Buenos Aires unterwegs ist, fordert ein Millionär gegen Honorar den mit einer Art mechanischer Präzision spielenden Schachweltmeister Mirko Czentovic zu einer Partie heraus. Der mitreisende Dr. B., ein österreichischer Emigrant, greift beratend ein und erreicht so ein Remis für den Herausforderer. Er hat sich, von der Gestapo, die ihn verhaftete, in ein Hotelzimmer gesperrt und von der Außenwelt hermetisch abgeschlossen, monatelang mit dem blinden Spiel von 150 Partien beschäftigt, um sich so seine intellektuelle Widerstandskraft zu erhalten. Durch diese einseitige geistige Anstrengung ergriff ihn ein Nervenfieber, dessentwegen man ihn entließ. Jetzt spielt Dr. B. zum ersten Mal wieder gegen einen tatsächlichen, freilich roboterhaft reagierenden Gegner. Es geht ihm bei dieser Partie lediglich darum, festzustellen, ob sein Tun damals während seiner Haft noch Spiel oder bereits Wahnsinn gewesen ist. Er schlägt den Weltmeister in der ersten Partie souverän, läßt sich aber, eigentlich gegen seinen Willen, auf eine Revanche ein. Während dieser zweiten Partie ergreift ihn wieder das Nervenfieber: er bricht die Partie ab und wird nie wieder ein Schachbrett berühren.

Meine Meinung


Wieder einmal, wie schon in anderen kleinen Erzählungen, erzählt Zweig die Geschichte eines Schachspielers.
Das Spielen mit den schwarzen und weißen Figuren scheint es ihm angetan.
Diese Erzählung, Novelle oder von mir aus auch Roman baut einen wunderbaren Spannungsbogen auf.
Die Geschichte ist sehr interessant und hat man sich nicht schon vorher über den Inhalt des Buches informiert, ein absoluter Lesegenuss.
Ich kannte den Inhalt nicht und war erstaunt was Zweig aus einem intelligenten Gefangenen und einem Schachbuch für eine Geschichte strickt.
Die etwas mehr als hundert Seiten vergehen wie im Flug.

Ich kann es nur eingeschränkt weiterempfehlen.
Die Enschränkung bezieht sich auf das Schach spielen.
Wer kein Schach spielen kann, sollte besser die Finger davon lassen, da man schlecht einschätzen kann, mit welchen Problemen sich Dr. B beschäftigt.
Für jeden Schachspieler ein uneingeschränktes Muss.

Deshalb: :stern: :stern: :stern: :stern: :stern:


Bild
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


wENN nUr meinE sCHleChte recht(s)SchreIbunG nICHT wÄr :cry:
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Re: Zweig, Stefan - Schachnovelle

Beitragvon Katia » 09.12.2007, 21:41

alwin03 hat geschrieben:
Diese Erzählung, Novelle oder von mir aus auch Roman baut einen wunderbaren Spannungsbogen auf.
Die Geschichte ist sehr interessant und hat man sich nicht schon vorher über den Inhalt des Buches informiert, ein absoluter Lesegenuss.


Zwei kleine Widersprüche zu Deiner sehr schönen Rezi: Es handelt sich hierbei ganz klar um eine Novelle, wie der Titel schon sagt :mrgreen:
Zweitens: das Buch ist auch ein Lesegenuss, wenn man sich über den Inhalt schon informiert hat, z.B. durch vorausgehende Lektüren :wink: ich hab's mindestens dreimal gelesen und jedesmal genossen. Das letzte Mal im Rahmen der KLR im BücherTreff.

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Beitragvon wolves » 10.12.2007, 09:17

Damals konnte ich beim Klassikerforum nicht mitlesen und so habe ich die Novelle für mich gelesen. Mir hatte sie auch recht gut gefallen.
Ich kann zwar jetzt überhaupt kein Schach spielen, aber das hatte den Lesegenuss bei mir überhaupt nicht gestört. Soweit ich über Schach informiert bin, ist es doch so, dass es so gut wie unmöglich ist, gegen sich selbst zu spielen? Oder liege ich da falsch?
Auf jeden Fall hat mich deine Rezi @alwin dazu gebracht noch heute zu dem Buch (ich habe die Ausgabe Meistererzählungen- vielleicht auch was für dich @Alwin?) zu greifen um die Novelle wieder zu lesen.
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon wolves » 11.12.2007, 10:55

wolves hat geschrieben:Auf jeden Fall hat mich deine Rezi @alwin dazu gebracht noch heute zu dem Buch zu greifen um die Novelle wieder zu lesen.

Da war der Wunsch der Vater des Gedanken :roll:
Liebe Grüße
wolves


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Beitragvon Krümel » 11.12.2007, 11:01

Hier mal meine Gedanken zur Schachnovelle:

Je länger man sich Gedanken macht, um so mehr kann man aus dieser Novelle entnehmen.
Mein erster Eindruck rein aus der Novelle war sehr auf das „Kriegsspiel“ bezogen, und die psychologische Komponente, dass Dr. B. es schafft sein eigener Schachgegner zu sein. Das ist normalerweise gar nicht machbar, das habe ich als Teenager, als ich mal eine Zeit lang selber Schach gespielt habe, gemerkt. Man müsste sich wirklich in zwei Persönlichkeiten spalten, um ein interessantes Spiel hin zubekommen. Das stand für mich direkt nach der Lektüre im Vordergrund.
Der autobiographische Ansatz, der hier sehr wohl in Betracht kommen kann, und der dann sehr viel mit der Aufgabe des Spiels zu tun hat, bezieht sich auf das vorzeitige Ableben des Autors. Als ich „Die Welt von Gestern“ las, konnte ich es gar nicht begreifen warum dieser vorausschauende Mensch so kurz vor dem Ende sich das Leben genommen hat. Zweig wäre für die Nachkriegszeit so wichtig für die Kunst und Literatur gewesen, das fand ich sehr schade. Leider kam der genaue Grund, warum Zweig das tat, nicht aus dem Buch hervor. Nur, dass er psychisch sehr darunter litt, weil er nicht in seiner Muttersprache veröffentlichen konnte, in fremden Ländern lebte, ja seine Bücher verbrannt und verboten waren. Doch dieses Schicksal hatten auch andere. Th. Mann z. B., er musste sich in Amerika auch noch zusätzlich einen finanziellen Rahmen schaffen; er war zwar nie arm, aber die finanziellen Mittel mussten dort neu angelegt werden. Zweig hatte nie Geldprobleme, aber anscheinend war er viel labiler und zerbrechlicher als Mann.
Darüber hinaus gibt es bestimmt noch weitere Interpretationsmöglichkeiten, und ich hätte gerne gewusst, welche Zweig selber in Betracht gezogen hat.
BildLiebe Grüße,
Krümel



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Beitragvon tom » 12.12.2007, 06:35

Ich habe die Novelle wohl zweimal gelesen, und stets mit grosser Freude, oder Anteilnahme. Obwohl ich selber nicht viel vom Fach/Schach verstehe, spricht das Buch doch an.
Das "Gegen-Sich-Spielen" wird ja zum Ausgangspunkt von Zusammenbruh und einer fast schizophrenen Erfahrung. Dabei, gemaess den Umstaenden durch Diktatur und Zwang von aussen, kann man sich fragen, inwieweit Schizophrenie, Gespaltenheit eine logische Folge eines Totalitarismus ist.
Im Moment wo Dr B die festgefahrenen Wege der einstudierten Spiele aber verlassen muss und angesichts von freieren Begegungen steht, ist er verloren und verliert ei simplen Zuegen.
Diese Dinge haben mich damals sehr beruehrt, ist aber schon was her!
tom
 

Beitragvon Susannah » 12.12.2007, 14:10

Ich habe dieses Buch auch schon zwei Mal gelesen.

Dass das Beherrschen des Schachspiels Voraussetzung ist, das Buch zu geniessen, sehe ich nicht so, denn von diesem Spiel kenne ich grade mal die Grundregeln; dennoch fand ich die Geschichte beide Male absolut spannend und großartig.
Nichts ist schöner und nichts erfordert mehr Charakter als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein!
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Beitragvon alwin03 » 12.12.2007, 14:18

Schön zu erfahren, dass man nicht unbedingt des Schachs kundig sein muss.
Ein Pluspunkt mehr für Herrn Zweig, wie gut er beschrieben hat.

Ich freue mich außerdem darüber, wie oft ihr es gelesen habt. Wird mir ähnlich gehen, irgendwann liegt ein Lesezeichen von mir wieder im Buch.
Ich lese zur Zeit:

--------------------------------------- ???


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