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Mann, Thomas - Felix Krull




Mann, Thomas - Felix Krull

Beitragvon Katia » 12.03.2007, 20:37

[center]Thomas Mann: Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull[/center]

Inhalt: "Der Memoiren erster Teil" nennt Mann die fiktive Lebensbeichte Felix Krulls, Sohn eines Sektfabrikanten aus dem Rheinland. Krull erzählt im Alter von ca. 40 Jahren die ersten 20 Jahre seines Lebens, die Kindheit mit kleinen Lügen, um nicht zur Schule zu müssen, Verkleidungsspielen mit seinem malenden Patenonkel, kleinen Diebstählen - so beginnt im kleinen die Karriere eines großen Schelmen, Betrügers, der im Laufe seines Lebens in viele verschiedene Rollen schlüpfen wird.
Nachdem die Firma pleite geht und besonders nach dem Tod des Vaters steht Familie Krull vor dem Nichts, muss sich neu erfinden - für Felix führt sein Weg nach Paris an ein großes Hotel, wo er als Liftboy und Kellner auf einen "Seitenweg" wartet, der seiner Karriere Glanz verleihen soll. Durch seine Eloquenz, durch seine Wirkung auf Frauen, aber auch durch seine Dreistigkeit bieten sich ihm Möglichkeiten zum Aufstieg.

Meine Eindruck: "Felix Krull" ist ein Fragment, was der Leser an vielen Andeutungen merkt, die im späteren Text nicht mehr aufgenommen werden; man erfährt nie, warum er z.B. im Gefängnis war. Auch kommt es mir vor, als wäre es gar nicht möglich die Bekenntnisse in dieser Ausführlichkeit komplett zu schreiben, es sei denn auf tausenden von Seiten. All dies tut dem Lesevergnügen keinerlei Abbruch - der von sich selbst überzeugt Krull ist in vielerlei Hinsicht ein Antiheld, einer der durch seinen geschickten Redeschwall beeindrucken kann, seine Halbbildung an den Mann/Frau zu bringen weiß und mit allen Mitteln den ihm zustehenden Platz in der Welt einnehmen will: ganz oben. Mann persifliert damit üblich-moralische Charakterentwicklungen, schafft mit Krull eine Figur, die trotz aller Arroganz und Überheblichkeit das Herz des Leser erobert.
Sie spielen mit der Sprache, Mann und seine Figur, Künstlertum ist nicht umsonst eines der großen Themen des Buchs. Ein Lesevergnügen, bei dem ich lediglich zu kritisieren habe, dass die Handlung, wenn auch nicht im Detail so doch in groben Zügen, vorhersehbar ist; allerdings passt das wohl gut zu Manns Idee eines Bildungsromans der Hochstapelei.

:stern: :stern: :stern: :stern:

Diese Sonderausgabe von Fischer entspricht optisch der Erstausgabe, es sei allerdings beachtet, dass sie keine Übersetzung der französischen, englischen und italienischen Stellen enthält, allerdings sind diese Stelle zum Verständnis nicht unbedingt notwendig, das sich aus dem Kontext meistens eh klar ist, welche Schmeicheleien Felix gerade von sich gibt :-)
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Beitragvon Krümel » 12.03.2007, 20:57

Ich habe den "Krull" im Abi gelesen, und musste die Hochstapelei untersuchen >Lebensfreude oder getäuschte Erwartung<.
Mir hat diese Lektüre eigentlich sehr viel Spaß gemacht, weil das Buch so leicht und humorig ist.

Hier ist mal mein Resümee:

Die Punkte meines Referats kann man anhand der Musterungsszene nochmals kurz illustrieren: Felix geht mit dem Vorsatz dorthin ausgemustert zu werden. Die Hochstapelei beginnt mit den Worten: „Ich bin vollkommen diensttauglich.“ (S.99) und dadurch erweckt er bei den Ärzten den Eindruck, daß er unbedingt zum Militär möchte. Die Erwartungen derer werden allerdings im nächsten Augenblick schon entschärft, da Felix mit dem <Rucken und Zucken> (S.100) ansetzt. Der Leser jedoch amüsiert sich prächtig über sein Verhalten. Die Steigerung seines vorgetäuschten epileptischen Anfalls zeigt die Perfektion seines Könnens, denn für einen normal sterblichen Menschen würde es fast an ein Wunder grenzen einen solchen Anfall vorzugaukeln. Selbst für einen Schauspieler ist dies eine absolute Herausforderung. Darüber hinaus zeigt diese Szene brillant wie Felix zu seinem Ergebnis kommt: Durch die gespielte Vaterliebe und die Übertreibung der Anrede des Stabsarztes. Nach diesem Vorfall erleben die Ärzte eine Lebensfreude oder Hochgefühl, da sie die Krankheit Migräne widerlegen können und somit ihre Autorität hervorgehoben wird. Der Leser wird allerdings enttäuscht, da er einen Jubelschrei nach der Musterung von Felix erwartet, der jedoch ausbleibt.
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Beitragvon Krümel » 16.03.2007, 00:57

Ich wollte dir im BT nicht so direkt widersprechen, also hier :wink:

im Zauberberg versucht Mann wirklich Liebe zu schildern, während es hier nur um Sex geht.


Verliebtheit oder Vergötterung ist es im Zauberberg, aber keine Liebe.
Ich denke auch, dass Thomas nie richtig über Liebe geschrieben hat, irgendwie ist das immer ein Abklatsch von entweder Lust oder eine göttliche Verehrung, vielleicht kannte er das Gefühl tatsächlich nicht.
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Beitragvon Katia » 16.03.2007, 09:45

Deswegen habe ich "versucht" geschrieben :wink:
Mir ging es hauptsächlich darum, dass es bei der "Beziehung" zwischen Felix und Diane von keiner Seite um Liebe geht, keiner von beiden spricht davon. Das ist im Zauberberg schon ein bisschen anders, aber Du hast schon recht, richtige Liebe beschreibt Mann auch dort nicht.

Im übrigen kannst Du mir natürlich auch im BT widersprechen :-)

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