Menschen kommen, Menschen gehen.
In keiner Einrichtung ist dies so gut zu beobachten wie in einem Supermarkt.
Genau 60 Minuten lang leuchtet die Autorin Olga Flor das Leben verschiedenster Charaktere bis hin zu den tiefsten Winkeln ihrer Seelen aus.
Zufällige Menschen mit den unterschiedlichsten Lebenshintergründen treffen hier als Unbekannte aufeinander. Sei es eine allein lebende Singlefrau, eine Politikerin, ein abgehalfterter Journalist oder auch nur der Kaufmannslehrling des Supermarktes. Jede dieser Figuren hat ihre Geschichte, eine mehr die andere weniger. Und durch dieses Gewirr von Gedanken, Wünschen und Ansichten windet sich der Leser ohne erkennbare Handlung bis sich gegen Ende hin alles zu verdichten scheint und mit einem Knall alles umgeworfen wird und die Charaktere zu kollidieren beginnen.
Wie bereits geschrieben gibt es in Olga Flors neuen Roman
Kollateralschaden keine eindeutige Handlung im herkömmlichen Sinne. Der Leser folgt eher vielen kleineren Handlungen gleichzeitig deren einziger Dreh- und Angelpunkt die Zeitebene ist auf der sich alles zur selben Zeit abspielt.
Minute für Minute, Absatz für Absatz schreitet das Buch voran.
Gerade in dieser -ich nehm jetzt 6 Kurzgeschichten und tu alles in den Mixer- Schreibweise sehe ich als Leser auch das größte Manko des Buches. Auch wenn die Geschichten zum Teil ineinander fließen und sich überschneiden muss man des öffteren nachdenken mit wem man es nun wieder zu tun hat und bei welcher Geschichte man den Faden wieder aufnehmen muss.
Verschmerzt man dies und hat sich mal daran gewöhnt erwartet den Leser mit
Kollateralschaden ein überraschend scharfsinniges und mit guten Blick für Details geschriebenes Buch dessen Sprache sich von Charakter zu Charakter ändert.
Wie eine Fotografin scheint Flor einfach mit ihrer Kammara draufzuhalten und abzudrücken ohne jedoch vorher durch den Sucher geblickt zu haben. Was auf den Bildern zu sehen ist sind zufällige Menschen von denen jeder seinen eigenen Weg geht. Manchmal sind die Bilder etwas unscharf was aber nicht störend wirkt da die Feder der Autorin die scheinbar banale Realität so preziese einfängt das ich mir als Leser immer wieder sagen musste -das kennst du doch von wo-.
Dies ist auch die große Stärke des Buches. Charaktere wie auch Handlung völlig zufällig wirken zu lassen. Nicht jetzt eine Hand voll Personen mit Problemen und Komplexen in einen Supermarkt zu sperren sondern alles völlig freiwillig wirken zu lassen. Schon fast so als ob Flor keinen Einfluss mehr auf ihre Charaktere hätte.
Und jene vielgeschriebene Zufälligkeit ist es dann auch am Ende des Buches daß einen auffahren und die Soziale/Gesellschaftliche Kritik wahrnehmen lässt die sich schon die ganze Zeit über, bitterböse und makaber, in den Unterton der Erzählung gemengt hat.
Mit Präzision und scharfer Klinge häutet Olga Flor hier diese Zwiebel. Für Freunde deutscher Literatur äußerst empfehlenswert.