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McEwan, Ian - Solar




(der Autor/in lebt noch, und spiegelt die heutige Zeit)

McEwan, Ian - Solar

Beitragvon Katia » 13.08.2011, 18:13

Ian McEwan - Solar


Michael Beard: Physiker, Nobelpreisträger, fünf Ehen, keine Kinder, ungezählte Affären. Ein Anti-Held, der sich arrogant und selbstsicher durch die Welt bewegt und Probleme am liebsten durch Ignorieren löst. Seine Karriere lebt von seiner einzigen, großen wissenschaftlichen Leistung, dem Beard-Einstein-Theorem, das ihm neben dem Nobelpreis, eine Vielzahl von Positionen im Wissenschaftsbetrieb eingetragen hat. Im Jahr 2000, als die Handlung beginnt, leitet er ein Institut für Erneuerbare Energie. Doch wissenschaftliche Arbeit im eigentlichen Sinne leistet er nicht: er gibt sein Renommee, andere denken und forschen. Auch das Thema "Klimawandel" interessiert ihn eigentlich nur randwertig. Mehr beschäftigt ihn (neben der nächsten Nahrungs- und Alkoholaufnahme) sein Privatleben: seine fünfte Frau Patrice legt sich ebenfalls einen Liebhaber zu und Michael entdeckt seine Leidenschaft für Sie neu. Doch dann spielt das Schicksal Michael eine Erfindung in die Hände, die das Zeug hat, die Sonnenenergie auf neue Art zu nutzen, den Klimawandel zu beenden und die Welt mit genug Energie zu versorgen....
In drei Teilen umfasst der Roman die Jahre 2000, 2005 und 2009 und begleitet sowohl Beard und "seine" Erfindung auf dem Weg zur Serienreife als auch Beards Privatleben, das er nie im Griff zu haben scheint.

Ein Roman, in dem die Ausnahme-Liegruppe E_8 erwähnt wird, hat natürlich meine besondere Sympathie verdient, aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich ihn mag. Anfangs hab' ich kaum verstanden, warum ich ihn eigentlich so gern lese: Slapstick und Klischees jagten einander; von Patrice' bulligem Handwerkerliebhaber, der natürlich auch gern mal zuschlägt, angefangen, über den Todesfall, der in seinem Ablauf aus jedem schlechten Krimi stammen könnte, bis zur Zugszene, die nicht umsonst später als Urban Legend entlarvt wird. Warum mag ich das bei McEwan, wo ich einen Roman von John Irving für solche Szenen am liebsten an die Wand werfen würde? Weil bei McEwan das Klischee nicht Teil der Geschichte ist, sondern Teil einer Romankonstruktion, die der Autor mit Selbstironie und Augenzwinkern einzusetzen weiß. Sie sind nicht Selbstzweck, sondern entlarven den Anti-Helden Beard, sind Elemente einer bösen, englischen Satire, bei der linke Klimaschützer sich mit höchstem CO_2-Aufwand nach Spitzbergen begeben, um im nicht mehr ganz so ewigen Eis Tänze aufzuführen und Eispinguine zu schnitzen.
Neben dem Klimaschutz, werden der Wissenschaftsbetrieb und die Genderbewegung seziert.

Der ganze Roman unterliegt dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik: die Unordnung nimmt laufend zu!
Selten habe ich mich so gut amüsiert und dabei doch soviel zum Nachdenken gefunden.

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:stern: :stern: :stern: :stern: :stern:

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